Windmessung auf Insel in Malaysia läuft dank Schweizerischer – Malaysischer Zusammenarbeit

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In Europa ausserhalb von Gebirgsregionen gilt: Eine Windmessung ist ein Routineauftrag mit absehbarer Zeit- und Ablaufplanung. Nicht so aber in Asien: Die lokalen Unternehmen und das Wetter halten dort immer wieder Überraschungen bereit. Folgender Artikel beschreibt, wie die Schweizer Firma New Energy Scout für den staatlichen malaysischen Energieversorger TNB eine Windmessung auf einer der Perhentian Inseln im Nord-Osten Malaysias realisieren konnte – herausgefordert mit den kulturellen und meteorologischen Gegebenheiten vor Ort. So konnte Europäisches Know-How in angepasster Form erfolgreich in Asien angewendet werden – und gleichzeitig lokale Unternehmen in wichtigen Fertigkeiten geschult und miteinbezogen werden.

Malaysias Stromversorgung

Malaysias Stromversorgung ist stark fossillastig, mit über 90% der Produktion aus Erdgas und –öl. Zudem ist der Strommarkt nicht liberalisiert und der staatliche Energieversorger TNB alleine zuständig für die Versorgung der Bevölkerung mit Strom. Die eigenen fossilen Energiequellen dürften aber in den nächsten ca. 30 Jahren zur Neige gehen, daher gibt es staatliche Bemühungen, die Stromproduktion auf erneuerbare Energien umzustellen, vornehmlich Biomasse und Wasserkraft. Die Stromversorgung aus Windenergie und PV dürfte aber gerade für die zahlreichen bewohnten Inseln für die Eigenversorgung mittels Inselsystem interessant sein. Grossflächig gesehen ist Malaysia kein windstarkes Land, jedoch sind die Windverhältnisse an einigen lokalen Stellen auf den Inseln wahrscheinlich genügend gut, um kostengünstiger zu produzieren als die Gestehungskosten der herkömmlichen Stromproduktion.

Bisher wurden einzig auf einer der Perhentian Inseln im Nord-Osten Malaysias zwei kleinere Windenergieanlagen mit wenigen hundert Kilowatt betrieben, die aber seit einigen Jahren altershalber ausser Betrieb sind. Die TNB hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Standort, falls wirtschaftlich sinnvoll, mit grösseren und moderneren Anlagen wieder in Betrieb zu nehmen und so einen substanziellen Beitrag zur Stromversorgung dieser Insel zu leisten. Gleichzeitig dient der Standort als Lehrstück im Aufbau von Know-how zur Planung von Windparks.

Aufbau von Interesse und Wissen

Das Wissen über Potential, Planung und Nutzung von Windkraft ist in Malaysia nur rudimentär vorhanden. Wichtig war deshalb, zuerst das Interesse bei der TNB für diese Technologie zu wecken. Dies geschah in Workshops, wo v.a. gute Beispiele der Windkraftnutzung aus anderen südostasiatischen Ländern aufgezeigt wurden, insbesondere an einem Praxisbeispiel aus den Philippinen. Wichtig war auch die Erkenntnis, dass es in Malaysia durchaus ein brach liegendes Potential gibt, und dass Windkraft den angestrebten Energiemix aus vornehmlich Wasserkraft und Biomasse gut ergänzen kann. Um sich ein Bild über die in Europa florierende Branche zu machen, besuchten einige Vertreter der TNB die Wind Energy Messe in Hamburg im Herbst 2016. Bei dieser Gelegenheit wurde auch ein nahegelegener Windpark mit neuen Anlagentypen unter unserer fachkundigen Leitung besucht und erklärt.

Alle diese Elemente trugen dazu bei, dass die TNB mit der Planung eines ersten Standorts beginnen wollte. Daher wurde die New Energy Scout mit Sitz in der Schweiz beauftragt, eine Windmessung auf Perhentian Island auszuführen, die Auswertung der Daten zu übernehmen und gleichzeitig für zukünftige Entscheidungen in beratender Funktion tätig sein. Dieser Auftrag kam v.a. auch dank des mehrjährigen Aufenthalts eines Mitglieds der Geschäftsleitung in Malaysia zu Stande, denn der persönliche Kontakt vor Ort war v.a. in der Anfangsphase sehr wichtig für die Vertrauensbildung.

Nutzen und Ablauf einer Windmessung

Bei jedem angestrebten Windenergieprojekt ist es ratsam, als erstes fundiert die Windressourcen zu eruieren. In den internationalen Richtlinien wird eine mindestens 12-monatige Windmessung empfohlen, die mit langjährigen Daten aus mehr als einer Quelle abgeglichen werden. So kann der Gesamtverlauf eines Jahres abgebildet werden sowie eine langjährige Prognose eines mittleren Windenergieertrags abgegeben werden. Dies bildet die Grundlage, um zu entscheiden, ob die Windenergieanlagen wirtschaftlich betrieben werden können, respektive welcher Analgentyp zum Standort passt.

Eine Windmessung setzt sich materialmässig aus vier wichtigen Komponenten zusammen: einerseits ein solider Stahlgittermast, andererseits filigrane Windmesssensoren, die mittels Auslegerarmen am Masten befestigt werden. Als Drittes braucht es eine gute Bodenverankerung (z.B. Betonfundament), die der Geologie angepasst werden muss, und auch die permanente Stromversorgung muss sichergestellt werden.

Zudem braucht es einen nicht unerheblichen Aufwand an Koordinationsaufgaben: Definieren und bestellen des passenden Materials, zeichnen von Bauplänen, einholen von Bewilligungen, organisieren der Logistik per LKW und Schiff und der Monteure für den Aufbau des Masts, zudem müssen alle Akteure instruiert und die Aufgaben aufeinander abgestimmt werden.

Nach gemeinsamer Begehung des Standorts auf der vorwiegend touristisch genutzten Insel, vefasste New Energy Scout ein Windmesskonzept. Darin wird ein für den Standort optimal passender Vorschlag beschrieben, wie die Messung mit dem gegebenen Budget durchgeführt werden kann, sowie Aspekte der Zufahrt, Logistik, Zeit- und Ablaufplanung.

Zusammenarbeit mit malaysischen Unternehmen

Üblicherweise sind an einer Windmessung mehrere Firmen beteiligt: Eine Tiefbaufirma für die Verankerungen sowie Bodenarbeiten, ein Transporteur für das sehr sperrige und schwere Material, in diesem Fall zusätzlich noch per Schiff vom Festland zur Insel, Monteure für den Aufbau der Mastelemente, die Experten für das Messequipment sowie ein „Bauleiter“, der alle Arbeitsschritte zeitlich und inhaltlich aufeinander abstimmt. Vorgabe des Auftraggebers war, dass ein Grossteil der Arbeiten von lokalen Unternehmen ausgeführt werden soll.

Die Arbeitsaufteilung wurde daher so gestaltet: Der Auftrag für den 60m hohen Stahlgittermast wurde an eine lokale Metallbaufirma aus dem Antennenbau vergeben. Ebenso wurden für den Transport, die Bodenarbeiten und den Aufbau lokale Handwerker beauftragt, welche bereits beim Auftraggeber als Lieferanten gelistet sind.

Für die Wahl der passenden Sensorik (Windfahne, Anemometer, Hygro- und Thermometer) und die kontinuierliche Datenaufzeichnung per Logger wurde auf das Know-how und die Erfahrungen von New Energy Scout vertraut. Als verantwortliche Firma für das Messequipment mussten wir während des Aufbaus sicherstellen, dass die Sensoren in korrekter Höhe und Ausrichtung am Masten befestigt wurden, sowie der Logger die Daten korrekt und kontinuierlich speichert, so dass alles der internationalen Norm IEC 61400-12-1 entspricht.

Da es sich seitens der malaysischen Partner um den ersten solchen Auftrag speziell für die Windenergie handelte, war einiges an Know-How Transfer nötig. Speziell die erforderliche Präzision der Kuppelstücke zu den Sensoren als auch z.B. der vorsichtige Umgang mit den sensiblen Sensoren oder deren präzise Ausrichtung waren zu Beginn noch ungewohnt.

Im Vergleich zu den europäischen Windmasten war die technische Dokumentation des lokal produzierten Mastens jedoch überraschend umfangreich.

Herausforderung Monsun

Schon von Beginn weg war klar, dass der Ostmonsun während einiger Monate eine Bautätigkeit stark einschränken bis verunmöglichen könnte. Viele Zonen an der Ostküste Malaysias erleiden wegen des starken Regens und Winds jährlich Überschwemmungen und der Zugang zu den Inseln ist massiv erschwert, bis zeitweise unmöglich. Ist es bei Windmessprojekten in den Alpen der Wintereinbruch, den niemand auf den Tag genau vorhersagen kann, so ist es in Asien die Monsunperiode, die einen gewissen Zeitplan und -druck vorgibt.

In den Monaten vor dem Aufbau kam es trotz guter Vorbereitung zu einigen Verzögerungen. Der Gittermast wurde wegen Verspätung der Zulieferer später fertig gestellt als eingeplant. Dadurch verzögerte sich der Antransport der Elemente vom Festland auf die Insel und wurde dann just vom Monsun eingeholt. Wegen des hohen Wellengangs wurde die Insel per Schiff für mehrere Wochen unzugänglich. Die starken Regenfälle schwemmten zudem auch den Schiffanlegesteg am Festland weg, so dass das benötigte Lastenfloss nicht mehr anlegen konnte.

Auch die Bodenarbeiten für die Verankerung wurden wegen den klimatischen Widrigkeiten während der Monsunmonate hinausgeschoben. Als sie dann endlich in Angriff genommen werden konnten, wurde schnell festgestellt, dass der Boden weniger tiefgründig ist als angenommen, so dass nochmals die Dimension des Fundaments und der dafür benötigte Materialbedarf geändert werden mussten.

Zudem wurde wegen des starken Regens die einzige Zufahrtsstrasse vom Schifflandeplatz auf der Insel hinauf zum Standort der Windmessung in ein schlammführendes Bachbett verwandelt. Die Strasse musste also während der ausklingenden Monsunsaison zuerst per Bagger wieder instand gestellt werden, bevor das Material per LKW an den Standort gefahren werden konnte. All diese unvorhergesehenen Erschwernisse führten zu mehreren Monaten Verzug.

War das Material einmal auf Platz, die Fundation vollendet und das „wilde Wetter“ vorbei, ging es vergleichsweise schnell. Mit einer Winde und Höhenkletterern wurden die Elemente aufeinander montiert und die Sensorik durch uns installiert, protokolliert und getestet.

Nach einer einmonatigen Testphase wurde die Datenüberwachung an TNB übergeben, mit entsprechender Schulung und Einführung unsererseits.

Schlussfolgerungen

Aus diesem Auftrag in Südostasien können folgende Schlüsse gezogen werden:

  • Die lokale Präsenz vor Ort ist im Aufbau neuer Geschäftsbeziehungen essentiell und wird vom Auftraggeber häufig nicht nur sehr geschätzt sondern auch explizit gewünscht.
  • Ohne die mehrjährige Präsenz des Autors in Malaysia hätte dieser Auftrag nicht durchgeführt werden können. Der Wissens- und Vertrauensaufbau nur per Telekommunikation wäre wahrscheinlich nicht ausreichend gewesen.
  • Das Firmenmotto „experts for complex terrain“, das sich bisher auf anspruchsvolle alpine Standorte bezog, konnte neu an einem erschwert zugänglichen ost-pazifischen Standort unter Beweis gestellt werden.
  • Ist es in der Schweiz bei Bauprojekten der verfrühte Wintereinbruch, der Baustellen zum Erlahmen bringt, sind es in dieser Region starke Regen- oder Hitzephasen, die Arbeitsabläufe verzögern bis verunmöglichen. Deshalb sind immer sehr grosszügige zeitliche Reserven einzuplanen.
    • Lokale Unternehmen einzubinden und zu schulen, nimmt in der Anfangsphase mehr Zeit in Anspruch für die Koordination und den Know-how Transfer. Dafür spart man sich später Aufwände im Betrieb und dem Unterhalt. Wenn Personen vor Ort entsprechend geschult wurden, können sie sehr selbständig mithelfen. In diesem Fall z.B. regelmässige Checks der Messinstallationen durchführen.

Bildnachweis: New Energy Scout GmbH

Autor

Peter Schwer, Gründer und Geschäftsführer, New Energy Scout GmbH

Peter Schwer hat 17 Jahre Windkrafterfahrung, davon 5 Jahre als Bereichsleiter der Auslandprojekte bei einem deutschen Planer. Im 2005 gründete er die New Energy Scout GmbH mit Sitz in Winterthur (ZH, Schweiz) und ist seither als deren Geschäftsführer tätig. Von 2014 – 2017 lebte und arbeitete er in Malaysia

New Energy Scout ist ein unabhängiger Dienstleister rund um die Planung und Prüfung von Wind- und Solarenergie sowie Biogas. Das Unternehmen entwickelt im Kundenauftrag Windparks in mehreren Ländern Europas und berät Investoren weltweit.

www.newenergyscout.com

Autor:

Peter Schwer, Gründer und Geschäftsführer von New Energy Scout GmbH

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