Implikationen des EEG 2017 auf die Finanzierung von Erneuerbare-Energien-Projekten

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Am 1. Januar 2017 tritt in Deutschland das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft (nachfolgend das «EEG 2017«).* Das Gesetz läutet einen Paradigmenwechsel ein: Der bisherige gesetzliche Anspruch auf Förderung der in EE-Anlagen erzeugten elektrischen Energie wird abgelöst durch ein wettbewerbliches Ausschreibungsverfahren. Die Förderhöhe der jeweiligen Anlage(n) richtet sich damit künftig nach dem erfolgreich abgegebenen Gebot («pay-as-bid«) und wird für einen Zeitraum von 20 Jahren ab der Inbetriebnahme der Anlage gewährt.

Ausschreibungsdesign

Primäres Ziel dieser – von der EU-Kommission geforderten – grundlegenden Umstellung des Förderregimes ist eine bessere Marktintegration der erneuerbaren Energien unter Beibehaltung einer breiten Akteursvielfalt. Von dem neuen Ausschreibungsregime betroffen sind grundsätzlich alle Anlagen aus den Bereichen Solarenergie, Windenergie on- und offshore sowie Biomasse, die nach dem 1. Januar 2017 in Betrieb genommen werden. Ausnahmen gelten jedoch für Kleinanlagen (Wind onshore und PV mit einer installierten Leistung von weniger als 750 kW). Des Weiteren sind Windenergieanlagen (onshore) von der Pflicht zur Teilnahme an Ausschreibungen ausgenommen, die (i) vor dem 1. Januar 2017 genehmigt worden sind, (ii) dies vor dem 1. Februar 2017 an das Anlagenregister melden und (iii) vor dem 1. Januar 2019 in Betrieb genommen werden. Gleiches gilt für Windenergieanlagen auf See, die vor dem 1. Januar 2017 eine unbedingte Netzanbindungszusage gemäß § 118 Abs. 12 EnWG erhalten oder gemäß § 17d Abs. 3 EnWG Anschlusskapazität zugewiesen bekommen haben und vor dem 1. Januar 2021 in Betreib genommen werden. Pilotwindenergieanlagen on- und offshore fallen bis zu einer bestimmten Jahreshöchstgrenze ebenfalls nicht unter das Ausschreibungsregime.

Alle übrigen Projekte müssen an einer Ausschreibung teilnehmen, um einen Zuschlag und damit eine gesetzliche Förderung zu erhalten. Voraussetzung für die Teilnahme an einer Ausschreibung ist das Vorliegen einer gewissen Projektreife, an die das EEG 2017 energieträgerspezifische Anforderungen stellt.

Die erste Ausschreibungsrunde für PV-Anlagen findet bereits am 1. Februar 2017 statt; für den 1. Mai 2017 ist der erste Gebotstermin für Windenergieanlagen an Land angesetzt, für Windenergieanlagen auf See hingegen erst am 1. September 2021 (für Anlagen mit einer Inbetriebnahme ab dem Jahr 2026). Die Häufigkeit der Ausschreibungsrunden variiert je nach Technologie: Während für PV-Anlagen jährlich 3 Ausschreibungstermine mit einem Ausschreibungsvolumen von 200 MW stattfinden, finden Ausschreibungen für Windenergieanlagen an Land 3 – 4 Mal im Jahr mit einem Volumen von 800-1.000 MW statt. Ausschreibungen für bestehende Offshore-Projekte finden in 2017 und 2018 jeweils am 1. März statt. Ausgeschrieben wird ein Volumen von jeweils 1.550 MW. Ab 2021 wird für Windenergieanlagen auf See dann einmal im Jahr ein Ausschreibungsverfahren durchgeführt.

Implikationen des neuen Rechtsrahmens auf die Projektfinanzierung

Auf die Planung und Realisierung von EE-Projekten hat der zuvor skizzierte neue Rechtsrahmen vielfältige Auswirkungen. Neben dem grundsätzlichen Risiko, ob ein Projekt einen Zuschlag erhält, betrifft dies die gesamte Projektplanung, die sich fortan in den Ablauf des Ausschreibungsprozesses eingliedern muss. Einige der sich hieraus für die Finanzierung von EE-Projekten ergebende Fallstricke werden nachfolgend aufgezeigt:

Einbeziehung der finanzierenden Bank vor Gebotsabgabe

Gemäß § 31 EEG 2017 ist Voraussetzung für die Teilnahme an einer Ausschreibung unter anderem, dass der Bieter vor Abgabe seines Gebots bereits eine Sicherheit an die Bundesnetzagentur leistet. Diese Sicherheit soll der Sicherung von Forderungen der Netzbetreiber auf Pönalen, die gemäß § 55 EEG 2017 unter bestimmten Umständen zu leisten sind, dienen. Die Höhe dieser Sicherheit ist technologiespezifisch ausgestaltet: So müssen Bieter, die an einer Ausschreibung für Windenergie an Land teilnehmen wollen, gemäß § 36a EEG 2017 vorab eine Sicherheit von EUR 30 pro zu installierender kW der Gebotsmenge leisten («bid bond«), entweder durch Stellung einer Avalbürgschaft oder durch Bareinzahlung auf ein Sperrkonto. Letzteres bedarf keiner Einbeziehung einer Bank, dürfte aber wegen des gebundenen Kapitals für den Bieter regelmäßig wirtschaftlich nicht attraktiv sein. Wir gehen deshalb davon aus, dass Projektierer in der Regel den bid bond bevorzugen. Dies hat zur Folge, dass die finanzierende Bank bereits vor Abgabe eines Gebots in das Projekt einbezogen werden muss, zu einem Zeitpunkt also, in dem das Projekt regelmäßig noch nicht konkretisiert ist. Insbesondere der voraussichtliche Ertrag des Projekts dürfte zu diesem Zeitpunkt noch nicht in jedem Fall belastbar prognostiziert werden können. Fraglich ist daher, ob Banken und Kreditversicherer die in diesem Zeitpunkt vorhandene Projektreife als für die Stellung der erforderlichen Sicherheiten ausreichend ansehen werden. Es ist anzunehmen, dass sie ihre Bereitschaft zur Stellung derselben von der Bonität des Projektierers abhängig machen. Insbesondere für kleinere Projektierer dürfte die Stellung der nach dem EEG 2017 geforderten Sicherheit bereits vor Gebotsabgabe künftig damit regelmäßig die erste Hürde für die Finanzierung und Umsetzung eines EE-Projekts darstellen, während im Markt bekannte Sponsoren hiermit wohl keine größeren Probleme haben sollten.

Finanzierungszusage in Unkenntnis der tatsächlichen Vergütung

Erhält ein Bieter in einem Ausschreibungsverfahren einen Zuschlag, hat er für die in den bezuschlagten Anlagen erzeugte elektrische Energie einen gesetzlichen Vergütungsanspruch. Er wird spätestens jetzt die Finanzierungsverträge abschließen und mit der Umsetzung des Projektes beginnen wollen. Handelt es sich um ein Windparkprojekt (onshore) besteht jedoch das Problem, dass zu diesem Zeitpunkt der konkret anzulegende Wert, also die Höhe der Vergütung für den erzeugten und in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeisten Strom, noch nicht abschließend feststeht. Zwar erhalten erfolgreiche Bieter im Ausschreibungsverfahren grundsätzlich einen Zuschlag in Höhe ihres abgegebenen Gebots, das dann den anzulegenden Wert darstellt. Für Ausschreibungen im Bereich Windenergie an Land besteht dabei jedoch die Besonderheit, dass immer auf den anzulegenden Wert für eine Windenergieanlage an einem 100 % Referenzstandort gemäß Anlage 2 des EEG 2017 geboten werden muss. Erst nach erfolgtem Zuschlag wird gemäß § 36h EEG 2017 der anzulegende Wert für das konkret bezuschlagte Projekt vom Netzbetreiber ermittelt. Dieser wird auf Basis des Zuschlagswertes für den Referenzstandort anhand des Gütefaktors des Projektstandortes berechnet, der insbesondere von der Windhöffigkeit des Standortes abhängig ist. Der Gütefaktor muss dabei gemäß § 36h Abs. 4 EEG 2017 vom Projektierer vor Inbetriebnahme der Anlage durch ein Gutachten nachgewiesen werden. Für die Finanzierung eines Windpark-Projektes an Land bedeutet dies, dass die finanzierende Bank eine Finanzierungszusage erteilen muss, ohne den konkret anzulegenden Wert und damit die tatsächliche Vergütung zu kennen. Die Bank finanziert folglich ein Projekt, ohne dessen genauen Ertrag zu kennen. Es ist anzunehmen, dass die finanzierende Bank dieses erhöhte Risiko bei ihrem Angebot berücksichtigten wird. Denkbar sind etwa höhere Anforderungen an das Eigenkapital des Projektierers oder strengere Anforderungen an den Schuldendienstdeckungsgrad (Debt Service Cover Ratio – DSCR). Alternativ könnte der Finanzierungsvertrag Anpassungsmechanismen in Abhängigkeit von der Höhe der tatsächlich festgelegten Vergütung vorsehen. Der neue Rechtsrahmen dürfte hier erneut zu Unsicherheiten führen, die sich negativ auf die Finanzierung von EE-Projekten auswirken können.

Unsicherheiten durch Überprüfung des Gütefaktors

Für Windpark-Projekte an Land ergeben sich weitere Unsicherheiten auch nach Inbetriebnahme, denn das EEG 2017 verpflichtet die Anlagenbetreiber zu einer Überprüfung und ggf. Anpassung der anzulegenden Werte: Ändert sich der Gütefaktor der Windenergieanlagen, wird der anzulegende Wert gemäß § 36h Abs. 2 S. 1 EEG 2017 jeweils zum 6., 11. und 16. Jahr nach der Inbetriebnahme der Windenergieanlage angepasst. Überprüft wird der Gütefaktor anhand des Standortertrages der Windenergieanlage der letzten fünf Jahre. Ergibt sich dabei, dass der ermittelte neue Gütefaktor um mehr als 2 % von dem zuletzt berechneten Gütefaktor abweicht, sind zu viel oder zu wenig geleistete Zahlungen auf den Vergütungsanspruch gemäß § 36h Abs. 2 S. 2 EEG 2017 auszugleichen. Es besteht mithin ein stetiges Risiko, dass der Anlagenbetreiber zur Rückzahlung zu viel erhaltener Vergütung an den Netzbetreiber verpflichtet ist, die er zudem verzinsen muss. Dieses Risiko kann zu einem zusätzlichen Sicherungsbedürfnis von Banken und Investoren führen und sollte entsprechend vertraglich abgebildet werden, etwa durch Vereinbarung einer Nachschussverpflichtung des Sponsors. Auch die Bildung von Rückstellungen/eines Reservekontos ist in Betracht zu ziehen. Denkbar ist weiterhin, die DSCR-Kennzahl abhängig vom anzulegenden Wert variabel auszugestalten und Ausschüttungen an Sponsoren nur bei Einhaltung der jeweils geltenden DSCR-Kennzahl zuzulassen. Kreditgeber könnten schließlich in Erwägung ziehen, Auflagen für die Begutachtung des Gütefaktors bereits während der jeweiligen Fünfjahresphasen zwischen der gesetzlichen Anpassung vorzusehen, um so die Anpassungen und Ausgleichsforderungen bereits zu antizipieren.

Es zeigt sich, dass der eingeläutete Paradigmenwechsel zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien eine Reihe von Unwägbarkeiten bereithält, die insbesondere auch Auswirkungen auf die Finanzierung von EE-Projekten haben werden. Um den Projekterfolg nicht zu gefährden ist es für alle Beteiligten unerlässlich, sich mit den sich aus dem neuen Rechtsrahmen ergebenden Anforderungen frühzeitig auseinander zu setzen, um Implikationen auf die Finanzierung von EE-Projekten angemessen berücksichtigen und abbilden zu können.

*Art. 1 des Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien, BGBl. I 2016 S. 2258ff.


Autoren

Dr. Carmen Schneider und Dr. Thomas Lange, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB

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Autor:

Dr. Carmen Schneider und Dr. Thomas Lange

GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB

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