Grundlagen der Projektfinanzierung am Beispiel eines Windparks

Tags: Energie eolienne Gestion d'investissements

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Die Energiewende war vor allem zu Beginn überwiegend eine Energiewende der Bürger:innen. Viele Projekte wurden von ihnen entwickelt und betrieben. Mittlerweile werden große Teile der erneuerbaren Energien-Projekte (EE-Projekte) von professionellen Projektentwicklern entwickelt und an Energieversorger, Kommunen oder Investoren verkauft. Es gibt jedoch auch noch Bürger:innen, die selbst EE-Projekte entwickeln. Der folgende Artikel von Christian Schmidt aus dem Beratungsunternehmen Sterr-Kölln & Partner zeigt an einem Beispiel aus der Windenergie einige grundlegende Prinzipien der Projektfinanzierung auf und stellt dar, was bei der Umsetzung konkret zu beachten ist.

Stefan Müller* ist Ingenieur und regelmäßig in die Entwicklung von EE-Projekten involviert. Es geht meist um Gutachten und Planungsleistungen im Vorfeld der Errichtung von Windenergieanlagen (WEA). Er erkennt, dass die Projektentwicklung zwar komplex ist und lange dauern kann, aber keine Raketenwissenschaft ist. Die Erträge, die sich mit einem selbst entwickelten Projekt erzielen lassen, sind beachtlich: Er arbeitet sich tiefer in die Materie ein und kann diese Kenntnisse auch in seiner Haupttätigkeit gut anwenden. Er startet mit der Sicherung von potenziellen Windeignungsflächen, plant und entwickelt ein Projekt mit einer WEA bis zur Genehmigung und entscheidet sich dann für den Verkauf der Projektrechte an einen Windparkbetreiber, der die Anlage schließlich baut und betreibt.

Mit dieser Erfahrung wagt er sich kurze Zeit später wieder an Flächen heran, die potenziell Windeignungsgebiet werden könnten. Diesmal gründet er eine gemeinsame Gesellschaft mit den Eigentümern der Flächen. Das Ziel ist, die Anlagen dieses Mal selbst zu erreichten und zu betreiben. Es folgen fünf lange und zähe Jahre, bis die Flächennutzungs- und Bebauungspläne der Gemeinde den Bau der Windenergieanlagen schließlich zulassen und der erforderliche BImSchG-Genehmigungsantrag eingereicht werden kann. Einer der Gründe für die lange Dauer war, dass einige Bürger Sorgen hatten, dass die Anlagen ihre Lebensqualität auf verschiedene Weise beeinträchtigen könnten. Diese klagen schließlich auch gegen die Genehmigung.

Was muss bei einer Projektfinanzierung alles beachtet werden?

Wie schaffte es Stefan Müller, das Projekt trotz Widerstände erfolgreich abzuschließen? An diesem Punkt widmen wir nun dem Wesen einer Projektfinanzierung. Eine Projektfinanzierung (im Unterschied zu einer klassischen Unternehmensfinanzierung) ist die strukturierte Finanzierung eines Vorhabens, welches wirtschaftlich, rechtlich und zeitlich klar abgrenzbar ist und bei der die Tilgung der Darlehen aus den Projekt-Zahlungsflüssen erfolgt. Daran wird klar, dass der Stabilität und der technischen und wirtschaftlichen Planbarkeit dieser Zahlungsflüsse eine hohe Bedeutung zukommen. Und damit auch den Bedingungen, die diese Zahlungsflüsse absichern sollen sowie einer adäquaten Verteilung der Risiken (z.B. Betreiber, Hersteller, Finanzierer und Versicherer). Der oder die Geldgeber müssen also vom Erfolg der geplanten Investition überzeugt werden. Dazu werden die Vorhaben einer genauen Prüfung unterzogen. Hier folgt ein Auszug der wichtigsten Aspekte:

  • Qualität und Angemessenheit der Investitionsplanung, basierend auf konkreten Angeboten für die notwendigen Gewerke
  • Detaillierte Beschreibung der geplanten Erträge und technischen Aspekte (z.B. Anlagentyp, Referenzertrag, Ertragsgutachten
  • Detaillierte Finanzplanung inkl. der geplanten Finanzierungsstruktur sowie einem Bauzeitenplan
  • Vorliegen sämtlicher notwendiger Genehmigungen und Verträge (Genehmigung nach BImSchG, Pachtverträge mit Flurkarten für Standort der WEA, Wege und Leitungen, Einspeisezusage für die Einspeisung des erzeugten Stroms, Vergütungszusage, Kauf- und Liefervertrag für die WEA, Vollwartungsvertrag mit Verfügbarkeitsgarantie, Vertrag über die Direktvermarktung des Stroms, Vertrag zur Betriebsführung (technisch und kaufmännisch), notwendige Versicherungen)
  • Kapitaldienstfähigkeit und deren Absicherung, falls erforderlich (z.B. über Kapitaldienstreservekonten oder KK-Linien) du entsprechender Finanzierungswasserfall bei der Verwendung der erwirtschafteten Liquidität (zuerst zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem operativen Geschäft der Betreibergesellschaft, dann Zins- und Tilgungszahlungen an Darlehensgeber, danach an Darlehensgeber mit Rangrücktritt (z.B. Gesellschafterdarlehen anstelle Eigenkapital oder finanzielle Bürgerbeteiligungs- bzw. Crowdfunding-Darlehen und schließlich Ausschüttung an Eigenkapitalgeber)
  • Angemessenheit des Sicherungskonzeptes (Üblicherweise Sicherungsübereignung und Eintrittsrechte des Finanzierers in die Projektverträge sowie Sicherung dieser Rechte, außerdem dingliche Sicherheiten).

Daneben gibt es aber noch weiche Faktoren, die selten auf einer Checkliste stehen: der Geldgeber muss dem Projektentwickler – Stefan Müller – auch zutrauen, dieses Projekt stringent und zeitnah umsetzen zu können. Diese Faktoren sind z.B. bisherige Erfahrungen in diesem Bereich, Branchen-Know-How, grundlegendes Finanzierungs-Know-How, die Fähigkeit, ein großes Projekt mit allen Facetten im Blick zu behalten und die involvierten Akteure stringent und zielgerichtet koordinieren zu können und nicht zuletzt die angemessene Einordnung des eigenen Projekts bei den involvierten Partnern wie Banken, Hersteller / Lieferanten, Netzbetreibern etc. Auch die geplante Struktur und der Charakter der künftigen Betreibergesellschaft spielen eine Rolle: wie werden Risiken adressiert? Ist die Betreiberin bereit, eine Zinssicherung abzuschließen? Liegt der Fokus auf dem letzten Euro Marge / Gewinn, oder geht Sicherheit vor?

Harte und weiche Faktoren gleichermaßen wichtig

Nur wenn möglichst viele Punkte aus diesen beiden Bereichen (Erfüllen der „harten“ Projektfinanzierungsbedingungen und Zutrauen auf Basis der „weichen“ Faktoren) erfüllt werden, kann Stefan Müller mit einem attraktiven Finanzierungsangebot rechnen – oder überhaupt mit einem Angebot. Denn in den vergangenen Monaten kam es bei vielen Finanzieren zu internen Kapazitätsengpässen, teilweise verschärft durch Corona und befeuert durch einen Anstieg der Anfragen. Wenn der Vertriebler der Bank im Zusammenspiel mit dem Kreditentscheider der Marktfolge hier Zweifel hat, dass das Projekt reibungslos finanziert werden kann – und das mit einem üblichen und vertretbaren internen Aufwand – dann wird er zugunsten attraktiverer Finanzierungsoptionen auf die Abgabe eines Angebotes verzichten.

Zurück zu Stefan Müller: Aufgrund der guten Vorarbeit liegt die Genehmigung mittlerweile vor, ist aber beklagt. Stefan Müller hatte schon früh Kontakt zu Banken gesucht, so dass diese immer wieder über den Projektfortschritt informiert wurden, auch über die Klagen. Er plante daher, zusätzlich zur Projektentwicklungsleistung, statt Eigenkapital i.W. Crowdfunding-Mittel einzusetzen. Damit stieß er auf die ersten Probleme bei den Banken: einige forderten eine „echte“ Mindest-Eigenkapitalquote. Diese erreichte das Projekt nicht, da er die Arbeitsstunden der Projektentwicklung nicht aktiviert hatte und somit nur die „echten“ Dritt-Kosten in der Gesellschaft als Eigenkapital sichtbar waren. Üblicherweise könnte man diese Klippe dadurch umschiffen, dass das fertig entwickelte Projekt nun an eine Betreibergesellschaft veräußert wird – es ist ja ein signifikanter Wert mit dem Vorliegen der Genehmigung entstanden. Dieser liegt auch deutlich höher als die angefallenen Drittkosten. Somit hätte die Bank – z.B. über eine Stundung der Kaufpreiszahlung – den Nachweis über das Eigenkapital gehabt.

Missglückte Kommunikation: Bank brach Gespräche ab

Stefan Müller reagierte auf den Vorschlag dieser aus seiner Wahrnehmung unnötigen „Finanz-Tricks“ unwirsch gegenüber der Bank und meinte, dies müsse doch eigentlich entbehrlich sein, da der echte vorhandene Wert ja auch so vorhanden sei. Da diese Bank aber spezifische Vorgaben im Hinblick auf die Kundengruppe und das Vorhaben hatte, kam es hier zum Abbruch der Gespräche.

Eine andere Bank signalisierte Bereitschaft, eine geringere „echte“ EK-Quote im Zusammenspiel mit dem Crowdfunding zu akzeptieren, jedoch erst nach der – noch relativ risikoreichen – Bauphase. Zudem trat genau der oben beschriebene Effekt ein: aufgrund vorliegender Klagen, des Fehlens eines aussagekräftigen und vollständigen Projekt-Exposés und kapazitiver Engpässe bei der Bank wurde das Projekt von Stefan Müller immer wieder nach hinten verschoben. Die Mitarbeiter der Bank hatten wohl trotz der persönlichen Bekanntschaft und der beobachtbaren Fortschritte nicht das Zutrauen, dass Stefan Müller das Projekt kurzfristig finanzierungsreif bekommt.

Das Problem dabei war, dass Stefan Müller und die Gesellschafter an der nächsten Ausschreibungsrunde teilnehmen wollten und dafür eine Bietungsbürgschaft benötigten. Also musste zumindest eine Bank in eine Projektprüfung einsteigen und ein indikatives Angebot abgeben.

Professionelle Beratung konnte Projekt retten

Zu diesem Zeitpunkt kam Stefan Müller auf uns zu du beauftragte uns mit der Finanzierungsbegleitung für sein Vorhaben. Als erstes verschafften wir uns einen Überblick über den Sachstand, nahmen Einsicht in vorhandene Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Investitionskostenaufstellung, prüften die vorliegende Genehmigung und evaluierten die vorliegenden Klagen. Gleichzeitig versuchten wir in Gesprächen mit den bisher involvierten Banken den Grund der Verzögerungen bzw. des Abbruchs der Gespräche herauszufinden.

Dann begannen wir, das Vorhaben strukturiert in einem professionell erstellten Exposé darzustellen und eine angemessene Finanzierung zu strukturieren. Parallel dazu nahmen die juristischen Kollegen die Entwürfe von WEA-Liefervertrag und Vollwartungsvertrag unter die Lupe und prüften, ob diese den marktüblichen Standards entsprechen. Stefan Müller ließ eine Legal Opinion zu den vorhandenen Klagen erstellen, die wir über eine Haftungserweiterung für die Banken in die Kommunikation einbinden konnten und so weitere Sicherheit ins Projekt bringen konnten.

Vertrauen bei den Banken stärken

Mit dem nunmehr vervollständigten Informationspaket und der zusätzlichen Sicherheit, dass ein erfahrener Berater nun an der Seite von Stefan Müller für eine professionelle Strukturierung und Abwicklung der Finanzierung zur Verfügung stand, gingen wir dann in die Gespräche mit den Finanzierern. Aus unserer Erfahrung heraus macht es wenig Sinn, mit deutlich weniger als diesem Informationspaket in Bankengespräche hineinzugehen – denn so kann eine zügige und effiziente Bearbeitung oft nicht gewährleistet werden.

Hinzu kommt, dass wir als branchenerfahrener Berater mit den meisten für diese Art der Finanzierung in Frage kommenden Banken schon zusammengearbeitet haben und ein Vertrauensverhältnis aufbauen konnten. Wir haben verschiedene Banken angefragt, ob diese in der nunmehr sehr kurzen verbleibenden Zeit bereit wären, ein gut vorbereitetes Projekt zu prüfen und dann ggf. auch zeitnah zu finanzieren. Mit zwei Banken (eine davon war diejenige, die Stefan Müller zwar grundsätzlich Bereitschaft signalisiert, ihn aber immer wieder vertröstet hatte) gelang es uns, in einen kurzfristigen Prüfprozess einzusteigen, bei dem eine sehr konzentrierte und intensive Zusammenarbeit dazu führte, dass wenige Tage vor der Ausschreibungsfrist zwei Angebote für die Bietungsbürgschaft sowie die langfristige Projektfinanzierung vorlagen. Die gewünschte Crowd-Finanzierung wurde dabei von beiden Banken akzeptiert, ebenso die niedrige echte EK-Quote.

Kunde sparte sechsstelligen Betrag

Einer der Vorteile, einen Berater in diesem Prozess einzusetzen ist, dass der Berater deutlich weniger emotional in das Projekt involviert ist und somit eine sachlich-professionelle Bearbeitung mit der Bank möglich ist. Durch unsere Branchen- und Finanzierungsexpertise gelang es zum einen, dass Stefan Müller überhaupt Bürgschaftsangebote bekam, um in der anstehenden Ausschreibung teilnehmen zu können und zum anderen, dass wir die Konditionen der Finanzierung nochmal deutlich verbessern konnten. Der Vorteil für Stefan Müller beläuft sich dabei auf einen mittleren sechsstelligen Betrag über die Finanzierungslaufzeit.

Neben den Projekt-Fakten spielt auch die Kommunikation und die Wahrnehmung der handelnden Personen durch die Bank eine entscheidende Rolle bei der Projektfinanzierung von EE-Projekten. Diese Wahrnehmung wird durch viele Aspekte beeinflusst. Selbst wenn Stefan Müller die richtigen Unterlagen in der richtigen Weise, abgesichert durch geprüfte Verträge zum richtigen Zeitpunkt und mit dem angemessenen Finanzierungsvorschlag der oder den Banken präsentiert hätte, wäre nicht zu 100 Prozent sicher gewesen, dass er das gleiche Ergebnis erzielt hätte – zumindest nicht bei allen Banken. Eine professionelle Projektbegleitung lohnt sich daher in den meisten Fällen, auch bei Bürger:innenprojekten.

*Name geändert, er ist der Redaktion bekannt.

Autor:

Christian Schmidt, Sterr-Kölln & Partner

Christian Schmidt, ist Unternehmensberater beim interdisziplinären Beratungsunternehmen Sterr-Kölln & Partner aus Freiburg, das sich auf erneuerbare Energien und kommunale Energieversorgung spezialisiert hat. Standorte von Sterr-Kölln & Partner sind Freiburg, Berlin und Paris. Das 1979 gegründete Unternehmen beschäftigt rund 40 Mitarbeiter:innen.

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