Eigenstromproduktion mit Wind & PV – Kostenvorteile für industrielle Betriebe

Tags: Energie eolienne Industrie Production propre d'électricité SolairePV

Cet article n’est disponible qu’en anglais et allemand

Mehr und mehr Industrieunternehmen setzen auf eigene Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarem Strom. Dabei stehen die Versorgung des eigenen Betriebes im Fokus und die damit verbundenen Vorteile. Nicht nur die Verbesserung der CO2 Bilanz oder der Nachhaltigkeitsgedanke spielen dabei eine Rolle, mittlerweile sind es auch die deutlichen ökonomischen Vorteile, welche überzeugen. Der selbst produzierte und vor Ort verbrauchte Strom ist oftmals wesentlich günstiger als der netzbezogene Strom. Daneben kann man von der besseren langjährigen Kalkulierbarkeit der Energiekosten und der höheren Unabhängigkeit vom Marktpreis profitieren.

Während in der Schweiz dieses Thema noch in den Anfängen steckt, nimmt dieser Trend international rasch an Fahrt auf.

Industrie ist grösster Stromverbraucher

In der Schweiz und in vielen anderen Ländern sind der Gewerbesektor und die Industrie die grössten Stromverbraucher, Tendenz steigend. Eine verlässliche und wettbewerbsfähige Stromversorgung ist für die meisten (Gross-)Betriebe eine grundlegende Notwendigkeit, insbesondere für energieintensive Industrien. Daneben aber sind genau diese Firmen auch sehr preissensitiv, was die Energiekosten anbelangt.

Es liegt auf der Hand, dass die Entwicklung der Strompreise national und international von den meisten Betrieben sehr genau beobachtet wird. Obwohl je nach Land meist günstigere Tarife für die Industrie und andere Grossverbraucher (im Vergleich zu Haushalten) angeboten werden, fallen Fluktuationen im Strompreis deutlich ins Gewicht. Der Marktpreis mag in Europa seit einigen Jahren tief sein, dieser unterliegt jedoch mehr oder weniger starken Schwankungen. Mittel- und langfristig gehen die meisten Prognosen von einem Anstieg des Marktpreises aus – weltweit.

Langfristige, individuell ausgehandelte Stromlieferverträge mögen da zur Risikominderung beitragen, aber auch hier ist man stets auf einen Anbieter angewiesen. Und nicht in allen Ländern der Erde gilt gleichermassen „pacta sunt servanda“, zumal sich die Frage stellt, was nach Auslaufen der Verträge geschieht. Des Weiteren kann man mit Massnahmen auf Seiten Stromeinkauf nur den Part der „commodity“ abdecken. Kostenrisiken bei weiteren Strompreisbestandteilen wie Netzgebühren, Steuern und Gebühren, welche heute oft schon den Grossteil des Bezugspreises darstellen, können damit aber nicht abgesichert werden.

Was heisst Eigenstromproduktion?

Der in eigenen Anlagen produzierte (erneuerbare) Strom wird im eigenen Betrieb verbraucht – ohne Umweg über das öffentliche Netz. Dabei geht es in den meisten Fällen nicht darum, 100% Autarkie zu erreichen. Das wäre beim heutigen Stand der Speichertechnologie zwar in vielen Fällen zu schaffen aber bezüglich der Kosten ist dies häufig noch nicht interessant. Erste Anwendungen zum Brechen der Leistungsspitzen (Peak Power) oder der Stabilisierung der eigenen Versorgung in schwachen Stromnetzen sind allerdings schon heute Anwendungsfälle und es werden hier für die Zukunft enorme Potentiale gesehen. Je nach Standort und Flächenverfügbarkeit kann jedoch ein substantieller Anteil des Strombedarfes auch ohne Speicher durch eigene Anlagen gedeckt werden.

Dort, wo eine Anpassung von Verbrauchsprofilen (zeitliche Anpassung von Produktionsprozessen) an die eigene Stromproduktion möglich ist, sind weitere Erhöhungen des Eigenstromanteils machbar.

Der restliche Strombedarf wird weiterhin über das Netz gedeckt. Umgekehrt kann nicht benötigter Eigenstrom in vielen Fällen in das Netz rückgespeist werden, zu mehr oder minder günstigen Konditionen.

Kostenvorteile durch erneuerbare Energien

Zu den wesentlichen Vorteilen der Eigenstromproduktion durch z.B. Wind & PV gehört, dass die Kosten je MWh oftmals günstiger sind als der netzbezogene Strom. Wie hoch dieser Kostenvorteil ist, hängt von vielen Faktoren ab, und muss jeweils analysiert werden: Standort, Netzpreis und Kostenzusammensetzung, Anlagengrösse, gesetzliche Rahmenbedingungen u.v.m.

Der Grund für die sich nun eröffnenden Vorteile ist, dass die Kosten für Wind- und PV Anlagen in den letzten Jahren massiv gesunken sind, und damit auch – abhängig vom Standortort und Rahmenbedingungen – die Kosten je MWh (Vergleich Abbildung).

Ein weiterer Grund ist, dass der Spot-Marktpreis beim netzbezogenen Strom nur einen Teil der gesamten Kosten ausmacht. Hinzu kommen Steuern, Netzgebühren, Umlagen und sonstige Abgaben. Da diese in der Regel bei selbst erzeugtem und verbrauchtem Strom nicht anfallen, sind selbst Stromkosten von Erneuerbaren, die über dem Spot-Marktpreis liegen, kompetitiv. Allerdings wird ein Industriebetrieb in der Regel weiterhin Netzstrom beziehen müssen.

Für die umfassende Kalkulation kommt es dann darauf an, wie hoch die verbrauchsunabhängigen Netzkosten sind (Kapazitätskosten), wie sich Verbrauch und Produktion im Tages-, Wochen oder Jahresgang verteilen und zu welchen Konditionen eventueller Stromüberschuss vermarktet werden kann.

Die Grafik auf der rechten Seite veranschaulicht, dass die Levelized Costs for Electricity LCOE für Wind onshore und insbesondere für PV in den letzten Jahren stark gesunken sind und weiter sinken werden. Ein Wert unter 50 €/MWh ist für beide Technologien in Zukunft als realistisch einzuschätzen – je nach Standort.

Bessere Kalkulierbarkeit der Energiekosten, höhere Stabilität

Typischerweise sind bei Wind & PV Anlagen die anfänglichen Investitionskosten dominierend. Der Rohstoff Wind oder Sonne ist kostenlos verfügbar, was im Gegensatz zu nuklearen und fossilen Energieträgern die Betriebskosten relativ gering und unabhängig hält und vor allem langfristig gut kalkulierbar macht. Service und Unterhalt der Anlagen kann heutzutage gut kalkulierbar ausgelagert werden. Bei guter Organisation sind nur geringe hausinterne Kapazitäten erforderlich. Mit der Erzeugung von Eigenstrom erhöht man die Unabhängigkeit vom Marktpreis und Preisschwankungen.

Insbesondere bei energieintensiven Industriebetrieben, bei denen die Stromkosten einen wesentlichen Teil ihrer Betriebskosten darstellen, wirken sich Schwankungen beim Strompreis spürbar aus. Es ist ein grosser Vorteil z.B. für die Kalkulation der Produkt­verkaufspreise, wenn man in der Lage ist, die Stromkosten über längere Zeit verlässlich zu prognostizieren, um einerseits schärfer kalkulieren zu können, und andererseits um freiwerdende Rücklagen in das Kerngeschäft zu verlagern.

Einsparung CO2

Ein naheliegender Vorteil ist, dass Wind & PV Anlagen nahezu frei an CO2 Emissionen Strom produzieren. Einzig im Herstellungsprozess der Anlagen fallen entsprechende Emissionen an, die sogenannte graue Energie. Allerdings wird diese an guten Standorten innerhalb weniger Monate Betrieb wieder kompensiert, d.h. danach produziert die Anlage mehr Energie, als für deren Erzeugung aufgebracht werden musste (energetische Amortisation).

Eine Einsparung an CO2 ist interessant, um einerseits die eigenen gesteckten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Andererseits ist zu erwarten, dass langfristig der Preis für CO2 wieder signifikante Grössen erreicht. Dann bedeutet jede Tonne nicht emittiertes CO2 bares Geld.

Grössere Unabhängigkeit vom Stromnetz

Insbesondere in Ländern mit instabilen Netzverhältnissen und häufigen Stromausfällen, bedeutet Eigenstromversorgung eine grössere Unabhängigkeit. Solange man zumindest teilweise nach wie vor vom Netz abhängt, wird man dennoch bei Netzausfällen zu leiden haben, jedoch können dadurch möglicherweise back-up Systeme kleiner dimensioniert werden, was wiederum Kostenvorteile nach sich zieht. Speichersysteme werden auch hier in Zukunft vermehrt Einzug halten, um z.B. systemkritische Prozesse als kostengünstigeres Back-up System aufrecht halten zu können.

Sorgfältige Analysen und Planung sind Voraussetzung

Bei allen beschrieben Vorteilen des Einsatzes von eigenen erneuerbaren Stromproduktionsanlagen gilt: ein Selbstläufer ist dies nicht. Ob sich eine Investition in Wind & PV lohnt und auch umgesetzt wird, ist von vielen Stellschrauben und Faktoren abhängig. Hier ein paar Punkte, die es zu berücksichtigen gilt:

  • Welche Anlagengrössen sind machbar resp. sinnvoll?
  • Die Amortisationszeiten dauern in der Regel länger als mancher Industriebetrieb gewohnt ist. Eine Herausforderung für interne Finanzmodelle und Denkmuster.
  • Damit das Projekt intern von den relevanten Stellen mitgetragen wird, muss es klare Signale der Unternehmensleitung geben. Ansonsten riskiert es, in den Pendenzen des Kerngeschäfts zu stark unterzugehen.
  • Wie können die besten Standorte und Projekte identifiziert werden („low hanging fruits“)?
  • Organisation und Controlling der Abläufe, Zuständigkeiten und des Betriebs.
  • Welche Tätigkeiten im gesamten Prozess werden intern erledigt, welche extern?

Für eine erfolgreiche Umsetzung sind eine gute Vorbereitung und Strukturierung wichtig. Eine sorgfältige Kalkulation ist dabei essentiell, ebenso wie eine valide technische Machbarkeitsprüfung und die Analyse der rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen und der natürlichen Ressourcen.

Bildnachweis:
Abbildung 1: Entwicklung des Strompreisindex Phelix, EEX
Abbildung 2: IRENA 2016
Abbildung 3: IRENA 2018
Abbildung 4: Dieter Schütz/Pixelio

Autor

Alexander Kupfahl, Mitgeschäftsführer bei New Energy Scout GmbH

New Energy Scout ist ein unabhängiger Dienstleister rund um die Windenergie, Solarenergie und Biogas. Das Unternehmen bietet sowohl Ingenieurs- und Planungsleistungen an, als auch Beratungen, Due Diligence und Studienarbeiten. Zum Thema Eigenstrom begleitet New Energy Scout seit Jahren grössere Industriekunden weltweit.

New Energy Scout GmbH

Autor:

Alexander Kupfahl, New Energy Scout GmbH

Ces articles pourraient vous intéresser :

A PROPOS DE greenmatch

greenmatch est le premier logiciel financier pour les énergies renouvelables. Cette application très flexible modélise le cycle de vie financier complet de vos projets éoliens, photovoltaïques, hydroélectriques et de biomasse et optimise votre flux de travail. Son approche collaborative et intégrative permet d’analyser et d’exécuter les projets et les portefeuilles de manière plus efficace, plus compréhensible et plus fiable. Nos solutions permettent aux développeurs de projets, aux investisseurs et aux banques de prendre des décisions fiables et d’augmenter le succès de leurs transactions. greenmatch est un modèle innovant qui remplace les applications traditionnelles de feuilles de calcul.