Herausforderungen an ein Finanzmodell im internationalen Umfeld (Schwerpunkt Frankreich)

Tags: Investitions Management Project Finance Windpower

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Finanzmodelle im Bereich der Projektfinanzierung sind nicht selten der Dreh- und Angelpunkt, wenn es zu strategischen Entscheidungen kommt. Dementsprechend gross ist das Interesse seitens Entscheidungsträgern, den nicht selten umfangreichen Konstrukten langfristig Vertrauen schenken zu können.

Besonders komplex wird es in der Handhabung eines Finanzmodells, welches dem internationalen Umfeld angepasst werden muss, jedoch eine grundlegende Vergleichbarkeit zum ursprünglichen Markt gewährleisten soll. Was es dabei zu beachten gibt, haben wir in diesem Blogartikel zusammengefasst.

Welche Länderspezifika haben Einfluss auf das Finanzmodell?

Grundsätzlich bleiben die wesentlichen Bausteine eines Finanzmodells immer gleich. Wie so oft, steckt der Teufel jedoch im Detail. Von Land zu Land gibt es zahlreiche potentielle Unterschiede, welche es im Finanzmodell zu berücksichtigen gilt. Folgende Länderspezifika haben einen direkten Einfluss auf das Finanzmodell erneuerbarer Energieprojekte:

Erlöse

Die Abbildbarkeit der unterschiedlichsten Erlösstrukturen pro Land ist eine wichtige Grundlage für eine vergleichbare Bewertung unterschiedlicher Projekte. Ein modernes Finanzmodell sollte die Flexibilität bieten, die eine Modellierung von Einspeisevergütungen, Prämienmodellen, grünen Zertifikaten, Investitionszuschüssen, aktuellen PPA- oder Marktpreisstrukturen ermöglicht.

Betriebskosten

Betriebskostenverträge können von Land zu Land stark unterschiedlich gestaltet werden. Die jeweiligen Marktbedingungen sorgen dafür, dass sich die Marktakteure immer wieder neue Vertragskonstrukte einfallen lassen, um die eigene Wertschöpfung zu optimieren. Eine entsprechende Flexibilität ist daher im Finanzmodell unerlässlich. So sollten bspw. Optionskomponenten, mit Ober- und Untergrenzen, sowie Bonus oder Malus Vergütungen berücksichtigt werden können.

Investitionskosten

Gerade bei Investitionskosten sollten Marktakteure von vornherein auf kompetente Beratung setzen. Die länderspezifischen Abschreibungsmodalitäten können entscheidende Auswirkungen auf die langfristig erzielbare Rendite haben.

Steuern

Die wohl komplexeste Variable bei internationalen Projektrealisierungen sind Steuern. In welchem Land welche Steuern anfallen, hängt nicht nur von der gewählten Gesellschaftsform, sondern auch von teilweise komplexen anderen Fragestellungen ab. Eine entsprechend frühzeitige Beratung vor Gesellschaftsgründung ist unerlässlich, um von Beginn an keine folgenschweren Fehler, welche im Nachgang oft nur schwer wieder zu beheben wären, auszugleichen.

Besonders spannend wird es bspw. in Frankreich. Französischen Lokalsteuern werden von vielen Finanzmodellierern ein besonderes Augenmerk geschenkt. Deren Berechnung kann von Kommune zu Kommune variieren, wodurch es schwer fällt, eine für Frankreich landesweit geltende Vorlage für das eigene Finanzmodell zu erstellen. Aus diesem Grund widmen wir den französischen Lokalsteuern in diesem Artikel einen eigenen Absatz.

Unser Tipp für ein international standardisiertes Finanzmodell

Um die Finanzmodelle von erneuerbaren Energieprojekten aus verschiedenen Ländern aussagekräftig miteinander vergleichen zu können, ist es von zentraler Bedeutung länderübergreifend ein einheitliches Finanzmodell zu verwenden, bei dem der Input flexibel erfassbar ist, die Berechnung und der Output jedoch immer unverändert bleiben. Sorgen Sie deshalb frühzeitig für Zugriffs- und Bearbeitungsbeschränkungen Ihres Finanzmodells, insbesondere bei Berechnungs- und Outputrelevanten Bereichen.

Beispiel Frankreich: Besonderheiten im Finanzmodell, durch Dr. Frédéric Duthilleul

Die berühmten französischen Lokalsteuern sind in „politischer“ Hinsicht wichtig, weil sie das Mittel zum Zweck sind, um die lokalen Gebietskörperschaften für sich zu gewinnen. WKA stoßen bei weitem nicht auf die gleiche Akzeptanz in Frankreich wie in Deutschland. Es ist infolgedessen kaum möglich, ein Windkraftprojekt ohne Unterstützung der betroffenen Gebietskörperschaften zu verwirklichen. Unter solchen Umständen ist das zu erwartende Steueraufkommen ein starkes Argument.

Es besteht grundsätzlich aus zwei unterschiedlichen Steuerarten: der Taxe Foncière (Grundsteuer) und der Contribution Economique Territoriale « CET » (Gewerbesteuer), welche sich wiederum aus 3 Komponenten zusammensetzt:

  • der Cotisation Foncière des Entreprises „CFE“ (Gewerbekapitalsteuer)
  • der Cotisation sur la Valeur Ajoutée des Entreprises „CVAE“ (Gewerbeertragsteuer), die aber ab 2024 gänzlich wegfallen wird
  • der Imposition Forfaitaire sur les Entreprises de Réseaux „IFER“ (Netzsteuer)

Diese Komponenten können in ihrer jeweiligen Berechnung teils sehr komplex werden. Die Netzsteuer stellt für den Windpark die größte Steuerbelastung dar, und ihre Berechnung ist recht einfach, weil sie sich bloß an der installierten Leistung der Anlage orientiert (installierte Leistung in KW x 8,40 € für 2023).

Grundsteuer und Gewerbekapitalsteuer sind leistungsunabhängige Substanzsteuern, die sich am Einstandspreis des Immobilienteils des Windparks orientieren. Die Komplexität besteht darin, dass die bilanzrechtliche Erfassung des Windparks durch die Betreibergesellschaft auf einem GU-Vertrag beruht, der bloß einen Gesamtpreis für die Einrichtung des Windparks nennt, ohne zwischen den einzelnen Bestandteilen zu unterscheiden.

Befristete Sonderabgabe „Contribution sur les rentes inframarginales”

Durch den Artikel 54 des im Dezember 2022 endgültig verabschiedeten Finanzgesetzes für 2023 wurde der Artikel 6 der EU-Verordnung 2022/1854 des Rates vom 6. Oktober 2022 in das französische Steuerrecht umgesetzt. Diese Vorschrift findet unter anderem auf Wind- und Solarenergie Anwendung.

Sie hat eine befristete Gültigkeit vorbehaltlich einer eventuellen Verlängerung, wenn auf den Strommärkten nach 2023 weiterhin sehr hohe Preise zu beobachten sein sollten. Nach dem heutigen gesetzlichen Stand ist aber der Wirkungsbereich dieser Vorschrift auf den Zeitraum 1. Juli 2022 bis 31. Dezember 2023 beschränkt, so dass es zu einer rückwirkenden Anwendung für das zweite Halbjahr 2022 kommt. Nach diesem Artikel 54 sind die Markterlöse, die Erzeuger für die Stromerzeugung aus Windenergie und Solarenergie erzielen, auf höchstens 180 € je MWh erzeugter Elektrizität begrenzt.

In einigen Fällen gilt diese Obergrenze jedoch nicht. Welche Fälle konkret die Ausnahme bilden, sowie weitere in Frankreich zu beachtende Punkte, werden beim Go West: Frankreich Seminar von Sterr-Kölln & Partner am 10. Mai in Hannover thematisiert werden.

Autor

Dr. Frédéric Duthilleul, expert-comptable et commissaire aux comptes (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer), Diplômé d’HEC (Dipl. Kfm) et Docteur en Droit (Dr. Jurist). Frédéric Duthilleul ist einer der beiden Seniorpartner der französischen Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Duthilleul & Associés, deren Schwerpunkt auf der Betreuung von deutschen Unternehmen in Frankreich liegt, mit einer Betonung der erneuerbaren Energien.

Tipps & Tricks für Projektentwicklung im internationalen Umfeld

Sichern Sie sich zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein adäquates Partnernetzwerk mit Erfahrung und der nötigen Expertise, um Ihre potentielle Skalierung im neuen Markt professionell gewährleisten zu können. Andernfalls kann es unter Zeitdruck schnell zu Fehleinschätzungen und nicht selten zu nachhaltig bestehenden Problemen, wie bspw. einer fehlerhaften Einschätzung zur tatsächlich erwirtschaftbaren Rendite, oder einer irrtümlichen Liquiditätsplanung, kommen.

Ebenfalls von zentraler Bedeutung ist, dass, insbesondere bei der Erschliessung neuer Märkte und ungeachtet potenzieller Personalwechsel, eine Kontinuität bei der Verwaltung des zentralen Finanzmodells zu jeder Zeit sichergestellt werden kann. Dies kann nur durch ein möglichst breites Verteilen des Know-hows erreicht werden.

In jedem Fall, sollte eine Überprüfung des Finanzmodells von unabhängiger Seite und in regelmässigen Abständen erfolgen. Dabei ist vor allem wichtig, dass der Berechnungslogik und deren Kontinuität seit der letzten Überprüfung besonderes Augenmerk geschenkt wird.

All dies von Anfang an sicherzustellen, ermöglicht es Ihnen, Ihre Daten strukturiert wachsen zu lassen und eine Ausweitung Ihrer Projektentwicklungstätigkeiten auf solider Basis fortzusetzen.

Spannende Veranstaltung zum Thema der Projektentwicklung in Frankreich

Am 10. Mai findet in Hannover das Go West Seminar von Spreewind und Sterr-Kölln & Partner statt. Sie entwickeln bereits erneuerbare Energieprojekte in Frankreich und möchten sich aus regulatorischer Sicht auf den neuesten Stand bringen, sowie die Gelegenheit für den persönlichen Austausch mit anderen Marktakteuren nutzen? Hier finden Sie weitere Informationen zur Veranstaltung: Go West: Frankreich

Autor:

Dr. Frédéric Duthilleul & greenmatch AG

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