Alternative Debt – Ein Marktsegment mit Zukunft?

Tags: Cash flow Finanzmodell

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Die Bandbreite von „Alternative Investments“ wie „Alternative Debt“ ist umfangreich und bewegt sich von leicht standardisierbaren Projektfinanzierungen im Bereich der erneuerbaren Energien bis hin zu „Impact Investments“, die nicht nur auf der ökonomischen Ebene analysiert werden müssen, sondern auch einer ergänzenden, aber transparenten Nutzenbetrachtung standhalten müssen. Allen Investments ist immanent, dass es i.d.R. eine eingeschränktere Transparenz über die Wert/Preis-Differenz eines Assets gibt, die „Risikolandschaft“ spezifisch und die Fungibilität eingeschränkt ist. Obwohl der Appetit auf solche Investments stark zunimmt, wird entscheidend für den Aufbau eines funktionierenden Marktsegmentes sein, effiziente Strukturen zu schaffen, die nicht nur eine transparente Beurteilung wie Bepreisung der oben angesprochenen Parameter erlauben, sondern auch die Bearbeitungszeiten und somit den Transfer der Assets vom Verkäufer zum Käufer deutlich verkürzen. Betrachten wir aber zuerst das Marktmomentum.

Analysen von AXA, State Street und JP Morgan zu „Alternative Debt“ i

Investment in Alternative Debt aktuell/künftig (1) Trotz regulatorischer Barrieren planen institutionelle Investoren ihre Engagements in Alternative Debt deutlich auszuweiten. Durchschnittlich rechnen die Befragten mit einer Ausweitung der Investments um 32 %. Zu diesen Ergebnissen kommt AXA Investment Managers in einer Studie, in der Versicherer, Vorsorger und Stiftungen zu Alternative Debt befragt wurden. Institutionelle Investoren sind insgesamt positiv bis neutral gegenüber Alternative Debt eingestellt. Bessere Renditechancen sowie die Illiquiditätsprämie stehen hier für viele Investoren im Vordergrund.

Der Hauptgrund für die Umschichtung ist die erwartete Rendite. Als weitere Gründe werden eine verbesserte Portfolio-Diversifikation sowie flexible Strukturierungs­komponenten genannt. Trotz der positiven Entwicklung der Investments in Alternative Debt sieht sich der Großteil der Investoren mit einigen Barrieren konfrontiert. Kriterien für Asset Manager bei Alternative Debt (1) Für 79 % stellen die regulatorischen Anforderungen eine hohe bis sehr hohe Hürde dar. Daneben erschweren der administrative Aufwand sowie mangelnde Inhouse-Ressourcen die Investmentaktivitäten. Bei der Wahl des Asset Managers ist das wichtigste Auswahlkriterium für 94 % der Befragten die Kompetenzen im Bereich Kreditanalyse und –management. Eine vergleichbare Relevanz spielen die Kompetenzen bezüglich Dokumentation und Reporting sowie der Track Record, der langjährige Erfahrungen bei Alternative Debt widerspiegelt. Sollte sich dieses Marktsegment somit etablieren können, sind standardisierte Prozesse in der Abwicklung wie dem Monitoring sowie eine umfangreiche Risikodokumentation von neutraler, dritter Stelle zwingend erforderlich.

Befragt wurden insgesamt 141 institutionelle Investoren, die ein Gesamtanlagevolumen von 662,6 Mrd. EUR repräsentieren.

Pensionseinrichtungen planen Ausweitung alternativer Investments

Exposure State Street hat in einer aktuellen Studie 400 Pensionsfondsmanager weltweit zu den Herausforderungen durch das Niedrigzins­niveau, den demographischen Wandel, hohe Volatilitäten sowie Finanzierungsschwierig­keiten befragt. Als Grundlage für die Erzielung hinreichender Erträge wird vor allem eine solide Governance-Struktur gesehen. Allein im laufenden Jahr planen 92 % der Befragten Anpassungen in diesem Bereich, etwa durch bessere Schulung der Board-Mitglieder oder häufigeres Reporting. Auch bei der Anlagepolitik sind Änderungen erforderlich, da Bond- und Aktieninvestments alleine nicht ausreichend sind, um die Renditeanforderungen zu erfüllen. Über die kommenden drei Jahre beabsichtigen daher mehr als die Hälfte der Befragten, ihr Dachhedgefonds-Exposure auszuweiten. Auch in anderen Segmenten, etwa Immobilien (50 %), Private Equity (46 %) oder Infrastruktur (41 %), wird von höheren Engagements ausgegangen. Ein weiterer Aspekt ist die wachsende Bedeutung nachhaltiger Investments. Einhergehend mit der stärkeren Diversifikation über zusätzliche Asset-Klassen steigt der Bedarf an Spezialisten – nicht nur im Investment- Bereich, sondern auch für Risikomanagement und Datenanalyse. Fast die Hälfte der Pensionsfonds wird in den kommenden drei Jahren die Inhouse-Kapazitäten ihrer Investment- und Risikoteams erweitern. Die Nutzung externer Berater wird hingegen mehrheitlich zurückgefahren.

Effectiveness against risk

Auf der Risikoseite lassen sich zwei unterschiedliche Ansätze beobachten. Während 45 % der Befragten ihr Risiko verringern möchten, verfolgen 36 % eine riskantere Anlagestrategie mit dem Ziel, höhere Erträge zu generieren. Dabei werden die Instrumente des Risikomanagement mehrheitlich nicht als sonderlich effektiv angesehen. Weniger als die Hälfte der befragten Pensionseinrichtungen ist überzeugt, die mit alternativen Investments verbunden Risiken zu durchschauen. Gerade hier steigt der Bedarf an Experten, die über das notwendige Fachwissen verfügen. Gleichzeitig steigt der Kostendruck in der Branche. Die Industrie reagiert darauf mit der Ausweitung von Kooperationen, etwa durch Asset Pooling. Da die eigentlichen Kostenapparate aber immer noch inhouse im Abwicklungs- und Monitoring-Prozess liegen, werden digitalisierte Plattformansätze (B2B) in Zukunft vermehrt Chancen haben, auch hier Fuß zu fassen.

Infrastruktur-Investments als Diversifikationsfaktor im Portfolio

JPMorgan hat in einer kurzen Marktanalyse die wesentlichen Charakteristika, Chancen und Risiken von Infrastruktur-Investments untersucht. Aufgrund der oftmals eher monopolistischen Marktstruktur im Infrastruktur-Sektor ist die Nachfrage relativ unelastisch. Dies führt zu stabilen und planbaren Cash Flows und einer gewissen Unabhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen. Dabei sollten Investoren allerdings berücksichtigen, dass dies nicht für alle Subsegmente der Infrastruktur-Investments gilt, sondern es auch hier Unterschiede zwischen konservativen und eher zyklischen Anlagen gibt.

Illustrative returns for core infrastructure assets

Angesichts von Budgetrestriktionen setzen die Regierungen der Industrieländer vermehrt auf privates Kapital für die Bereitstellung gesellschaftlich relevanter Infrastruktur. Zwar gestehen die Regulatoren den privaten Investoren keine Monopol­preise zu, auch wenn es sich bei den Infrastruktur-Assets wegen der hohen Fixkosten um natürliche Monopole handelt, doch sind die Gewinnmargen relativ hoch. Hinzu kommt, dass die Erträge aus Infrastruktur-Assets – unabhängig davon, ob von Regulatoren vorgegeben, aus Konzessionsverträgen oder langfristigen Verträgen – in der Regel an die Inflation gekoppelt sind. Damit bieten Investments in Infrastruktur eine gewisse Absicherung gegen steigende Inflationsraten. Durch die Kombination aus diesem Inflationsschutz, stabilen Erträgen und der Konjunkturunabhängigkeit ist Infrastruktur relativ unkorreliert zu anderen Asset-Klassen, was Diversifikationsvorteile eröffnet.

Risk / Return

Die Heterogenität innerhalb des Infrastruktur-Sektors macht Investments komplex. Jeder Subsektor wird von anderen relevanten Risikofaktoren und Rendite­treibern dominiert, auch die Entwicklungs­stufe der Projekte ist ein wichtiger Aspekt. Auf der anderen Seite eröffnet dies auch innerhalb eines Infrastruktur-Portfolios Diversifikationspotentiale. Auf der Risikoseite stehen an erster Stelle politische und regulatorische Risiken. Vor diesem Hintergrund ist es vorteilhaft, wenn in politisch stabile Regionen mit etablierten regulatorischen Rahmenwerken investiert wird. Weitere Risikoaspekte sind die geringe Liquidität, mögliche Wechselkursschwankungen und ein zu hoher Leverage in der Projektfinanzierung. Diese Sichtweise dürfte auch Plattformansätzen nutzen, die sich aus einer brancheninsider-Sicht mit der Risikolandschaft beschäftigen und diese transparent und integrierbar mit dem inhouse-Prozess des Investors verknüpfen. Der Investor kann auf diese Weise proprietäres Branchenwissen nutzen, ohne für jedes Subsegment eigene Fachkräfte vorhalten zu müssen. Ergänzt durch eine an der Transaktionsabwicklung orientierte Plattform könnten Investments in Infrastruktur zukünftig genauso sicher und schnell abwickelbar sein, wie andere Assets.

Infrastruktur-Investments sollen attraktiver werden

Im September 2015 hat sich die europäische Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA dafür ausgesprochen, qualifizierte Infrastruktur-Investments, die bisher nur über eine Zweckgesellschaft umgesetzt werden konnten, als neue Asset-Klasse einzuführen. Am 30. Juni 2016 hat EIOPA einen Bericht zur Konsultation veröffentlicht. In diesem Report wird vorgeschlagen, die Definition von Infrastruktur-Projekten so anzupassen, dass Infrastruktur-Unternehmen mit einem vergleichbaren Risikolevel wie qualifizierte Infrastrukturprojekte ebenfalls in Investmententscheidungen berücksichtigt werden können. Bei qualifizierten Infrastruktur-Investments, die ein anderes Risikoprofil aufweisen, sollte ein angepasstes Verfahren integriert werden. So können zum Beispiel über qualifizierende Kriterien, wie eine Mindestdauer der Betriebsjahre, passende Infrastruktur-Unternehmen identifiziert werden. EIOPA hält dieses Verfahren für notwendig, da bisher unter Solvency II solchen Infrastruktur-Unternehmen ein schlechteres Risikoprofil zugewiesen wurde, als sie tatsächlich aufweisen. Als Kriterien soll u.a. herangezogen werden, ob die Unternehmen ihren Umsatz hauptsächlich innerhalb des Infrastruktur-Sektors erzielen und ob eine entsprechende Bonitätsstufe vorliegt. EIOPA schlägt außerdem vor, dass die Eigenkapitalanforderungen für Infrastruktur-Investments von aktuell 39 % bzw. 49 % auf 36 % abgesenkt wird. Für Debt-Investments werden keine weiteren Anpassungen vorgeschlagen.

Die Vorschläge der EIOPA wurden an die EU-Kommission weitergeleitet. Es wird davon ausgegangen, dass die Vorschläge zeitnah eingearbeitet werden.

Schlußfolgerungen

Marktplätze für jegliche Art von Gütern („assets“), d.h. Börsen funktionieren bzgl. Informationsasymmetrie und Marktintransparenz über das „Gesetz der großen Zahl“, d.h. unter der Fiktion, dass über die große Zahl der Teilnehmer sowohl die Informationsasymmetrie ausarbitriert wird, wie auch eine größere Markttiefe erreicht wird, so dass es über die bessere Fungibilität zu einer weitgehenden Angleichung von Wert und Preis kommt. Unterstützt wird dieses durch eine Regulatorik, welche den bewussten Verstoß gegen die Informationsintegrität (insider dealings wie auch Veröffentlichungen von Falschinformationen) unter Strafe stellt.

In diesem Modell der „Markteffizienz“ fällt die „Deutungshoheit“ über den Wert dem „Median-Käufer/Verkäufer“ zu, die Preisangleichung der „täglichen Handelbarkeit“. In Zeiten hoher Unsicherheiten arbeitet allerdings eine hohe Volatilität diesem Mechanismus entgegen, d.h. Wert und Preis fallen wieder stärker auseinander.

Die Wertbestimmung Alternativer Investments (auf der Equity Seite, aber auch auf der Debt-Ebene) hingegen geschieht in der Regel durch eine Ableitung aus zukünftigen Cash Flow Strömen einer Investition; diese Ableitung beruht somit auf Annahmen (inkl. Risikopuffern). Dementsprechend hängt diese Bewertung von zwei entscheidenden Parametern ab: der Transparenz der Daten & Annahmen sowie der Qualität & Deutungshoheit der Ergebnisherleitung (Renditeberechnung). Die Rendite führt i.V.m. einem beobachtbaren Marktzinsniveaus dann zu einer „kontextuellen Wertbestimmung“ (entscheidend ist das Zinsniveau des Landes, in dem die Zahlungsströme anfallen, nicht das des Investors – unter der Annahme, dass die unterschiedlichen Zinsniveaus die Unterschiede der Länderrisiken reflektieren). Auch für Alternative-Debt-Strukturen ist diese Herleitung entscheidend, da diese Ableitung auch das Risikoprofil ihrer Senior oder Junior-Position maßgeblich bestimmt.

Besteht somit die Möglichkeit der Nutzung einer webbasierten „Investitionsplattform“ mit zertifiziertem Rechenkern und einer prozessimmanenten Transparenz bzgl. der zugrundeliegenden Annahmen, ist die Basis für die Deutungshoheit (über die Wertbestimmung) zum Projektbeginn gegeben. Dieses verkürzt den Prozess der Preisfindung erheblich und grenzt die Wert/Preis-Differenz deutlich ein (auf die Angleichung der zugrundeliegenden Annahmen).

Insbesondere dieser Zeitaspekt ist die notwendige Basis, um ein Marktsegment überhaupt entstehen zu lassen. Ohne eine zeitnahe Abwicklung einer Transaktion kann man nicht von einem „Markt“-Segment sprechen.

Das andere Element eines Marktsegmentes (welches nicht auf Markttiefe und/oder permanenter Fungibilität basiert) besteht in einer regelmässigen Preisbestimmung des Assets/Investments – was durch einen automatischen Soll-Ist-Abgleich der Cash-Flow-Ströme (und Ableitung des Wertes unter Berücksichtigung der Zinsstrukturkurve) darstellbar ist.

Für standardisierbare „real assets“ – insbesondere im Bereich der „Renewable Energies“ – existiert eine solche Investment Plattform bereits über den green[::]match-Ansatz (www.greenmatch.ch) – d.h. insbesondere ein zertifizierter Rechenkern i.V.m. einem transparentem System (digitale Datenräume mit Sharing-Funktionalität), über das Projekte zum Verkauf gestellt werden können.

Somit ist die Basis geschaffen, bewertbare und damit auch mittelfristig hochfungible Assets-Klassen zu schaffen – wobei diese Plattform in einer ersten Phase nur standardisierbaren „Real Assets“ (z.B. Wind- oder Solarparks, Wasser- und Biomasse- Projekte, Rolling Stocks, Aircraft, Infrastruktur (A-Modelle), Immobilien, etc.) offen stehen kann – weniger geeignet sind LBO-Strukturen, Mining-Projekte (da sie eine hohe Zahl an individuellen Parametern beinhalten).

Erweitert werden kann dieser Ansatz über standardisierte aber individuell einsetzbare Wandeloptionen innerhalb der Alternative-Debt-Angebote, so entsteht für die Investoren ein interessantes Spezialsegment, über das man mit begrenztem Risiko zu einem späteren Zeitpunkt in eine Eigenkapitalposition wechseln kann – und auf der anderen Seite eröffnet es insbesondere kleinen aber innovativen Unternehmen zusätzliche Refinanzierungsmöglichkeiten für benötigtes Wachstumskapital.

Mit der geschilderten transparenten Bewertungsstruktur und einem auf Schnelligkeit angelegten standardisierten Abwicklungsprozess könnte dieses Segment selbst bei Anleihen im Bereich von unter 5 Mio. € Gesamtplatzierungsvolumen interessante Handelsmöglichkeiten bieten.

Für die Deutsche Börse (wie alle anderen Börsen / Wettbewerber) bedeutet das aber ein Umdenken: Deutungshoheit als „Vertrauensbasis für jegliche Art von Handelsgeschäften“ wird in diesen Zukunftssegmenten weniger durch einen „Mengeneffekt“ über eine zentrale Einheit zu erzielen sein, sondern durch Bewertungsqualität und Transparenz des Abwicklungsprozesses. Da im oben geschilderten Fall Käufer und Verkäufer direkt über eine zertifizierte Plattform miteinander kommunizieren und den Transfer abwickeln – entfällt auch die „Transferdienstleistung“ der Börse.

Die Zukunft der „Alternative Debt“ erscheint somit sehr positiv, wenn es gelingt, dieses Segment so transparent und effizient vom Abwicklungsprozess zu gestalten – aber Mahatma Gandi hat ja bereits gesagt: “A man is but the product of his thoughts. What he thinks, he becomes.”


i Neben Daten von AXA, State Street und JP Morgan wurden auch Analysen der Absolut Research GmbH zitiert.


Autor

Harald Zenke, Inhaber Strategy & Finance Advisory
Strategy & Finance Advisory ist eine inhabergeführte Beratungsgesellschaft, die sich als Entwickler sowie Umsetzungsbegleiter von Produkt- und Prozessinnovationen sowie neuartigen Geschäftsmodellen im Finanzdienstleistungssektor versteht. Harald Zenke verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung im Bereich der erneuerbaren Energien und Projektfinanzierung, u.a. als CEO der KfW IPEX-Bank und EVP Corporate Finance der LBBW. www.strategy-and-finance.de

Autor:

Harald Zenke

Inhaber Strategy & Finance Advisory

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