Der Trend zu Eigenversorgung und PPAs ist ungebrochen

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Was macht langfristige Stromverträge (PPAs) und die Eigenversorgung mit grünem Strom für Betreiber, Eigentümer und Investoren von erneuerbaren Energieanlagen weiterhin so interessant? Eine Kurzanalyse wesentlicher Einflussfaktoren im Licht der Corona-Krise.

Börsenstrompreise als Referenzwert für PPA-Vergütung

Zunächst sind es die unveränderten Erwartungen an die langfristige Entwicklung der Börsenstrompreise, die als Referenzwert für die zu erzielende PPA-Vergütung dienen. Die aktuelle in Folge des Corona-Virus entstandene Delle an der Strombörse wird überwiegend nur als eine vorübergehende Erscheinung angesehen. Dagegen sind die Faktoren, die zuvor zum Trend steigender Börsenpreise geführt haben, auch zukünftig wirksam. Die Kosten für die Emissionen aus fossilen Energieträgern sind die Preistreiber an der Strombörse.

Ein Indiz dafür mag bereits sein, dass die Börsenpreise für Verschmutzungsrechte sogar im Juli 2020 – trotz Krise – erstmals die 30 EUR-Grenze überschritten haben und sich auch aktuell nur knapp darunter bewegen. Auch mit dem zum 1.1. 2021 beginnenden nationalen Emissionshandel wird ein zusätzlicher preissteigernder Effekt verbunden sein. Wie lange dagegen der aktuelle – und nicht allein durch die Pandemie bedingte – Öl- und Gaspreisverfall einen gegenläufigen Effekt bewirkt, ist momentan noch nicht absehbar.

Umlagen, Netzentgelte und sonstige Abgaben

Der Trend zu Eigenversorgung ist besonders bei PV-Dachanlagen ungebrochen Für die Eigenversorgung ebenso relevant ist, dass das alternative Szenario eines Strombezugs wie bisher aus dem öffentlichen Netz – zumindest mittelfristig – überhaupt keine Aussicht auf niedrigere Kosten verspricht. Verantwortlich dafür sind weiter zunehmende Netzentgelte sowie die Belastungen aus Stromsteuer, Abgaben und Umlagen. Allein die Netzentgelte und die EEG-Umlage übersteigen – abhängig vom Bedarfsprofil des jeweiligen Unternehmens und etwaiger Verschonungstatbestände – schon jeweils für sich oftmals den Stromhandelspreis. Insbesondere die Netzentgelte werden sich infolge des ständig wiederholten Mantras, dass der volatilen Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energieanlagen vor allem mit einem verstärkten Netzausbau zu begegnen sei, unaufhaltsam erhöhen.

Dieser Prozess könnte sich kurzfristig noch durch den niedrigeren Stromverbrauch von Gewerbe und Industrie in der Corona-Krise beschleunigen, weil die größtenteils fixen Kosten der Netze, vereinfacht gesagt, auf die Anzahl der transportierten Kilowattstunden verteilt werden – ein Effekt, der im kommenden Jahr 2021 zum Tragen kommen dürfte.

Zwar ist im Klimapaket vereinbart, die Einnahmen aus dem auf den Verkehrs- und Wärmebereich erweiterten Emissionshandel dafür zu nutzen, die EEG-Umlage abzusenken. Der Effekt wird zunächst aber begrenzt sein, weil infolge des zurückgegangenen Stromverbrauchs das EEG-Umlagekonto tief in den Miesen steckt (Ende 2020 voraussichtlich mit 6-7 Milliarden EUR). Diese Unterdeckung muss erst einmal in der Zukunft ausgeglichen werden. Abgesehen davon ist fraglich, wo die betreffenden Mittel am Ende landen. Zu befürchten ist jedenfalls, dass sie schlussendlich zumindest teilweise doch eher zum Stopfen der infolge der Corona-Krise klaffenden Löcher in den öffentlichen Haushalten Verwendung finden.

Dagegen lassen sich bei der Eigenversorgung mit erneuerbarem Strom neben den steigenden Netzentgelten gleichzeitig auch die Stromsteuern, die Konzessionsabgabe und die übrigen Umlagen einsparen. Sogar die EEG-Umlage reduziert sich immerhin um mehr als die Hälfte.

Keine Lockerung der Klimaschutzanstrengungen

Die Corona-Krise hat die Klima-Krise aus dem Bewusstsein von Öffentlichkeit und Wirtschaft nicht verdrängt – im Gegenteil. Immer mehr setzt sich die Einschätzung durch, dass die bisher ergriffenen Klimamaßnahmen längst nicht ausreichen, um die von Deutschland festgelegten und international zugesagten Klimaziele zu erfüllen.

Auch die Bundesregierung gibt zu erkennen, weder die Ziele nach unten anpassen noch eine Pause beim Klimaschutz einlegen zu wollen. Auf europäischer Ebene hat die EU-Kommission gleichzeitig einen Green Deal angekündigt. Der aus dieser Situation erwachsende Druck und zusätzliche Handlungsbedarf gehen in erster Linie zu Lasten der fossilen Energien. Eine weitere Verknappung von Verschmutzungsrechten in der nächsten Emissionshandelsperiode erscheint hier als realistische Konsequenz.

Umgekehrt setzen viele Unternehmen – wie schon vor der Krise – sehr bewusst und vermehrt darauf, zukünftig nachhaltiger zu wirtschaften und einen möglichst CO2-armen Fußabdruck zu hinterlassen. Die Deutsche Bahn beispielsweise erreicht dies schon seit vielen Jahren erfolgreich mit grünem Strom aus PPAs. Auch das spiegelt einen Trend wider, der eher eine wachsende Nachfrage nach PPAs erwarten lässt.

Ende der garantierten Einspeisevergütung

Einen wesentlichen Einfluss darauf, dass Eigenversorgung und PPAs mit erneuerbarem Strom in Zukunft kontinuierlich an Bedeutung gewinnen, hat schließlich auch – die Zeit. Denn die Zahl der erneuerbaren Energieanlagen, für die ein Ende des gesetzlich auf 20 Jahre begrenzten Vergütungszeitraums absehbar ist, nimmt in den nächsten Jahren stark zu. Allein für den Windbereich geht es um 16 GW Leistung, die bis 2025 aus der EEG-Förderung fallen. Deshalb sind hier PPAs schon heute gefragte und gelebte Verwertungsalternativen.

Im Solarbereich startet die Entwicklung mit einer gewissen Zeitverzögerung im Vergleich zur Windenergie, weil die ersten PV-Anlagen mit nennenswerter Leistung erst beginnend mit dem Jahr 2005 in Betrieb gingen. Allerdings sind für die großen PV-Dachanlagen, die oftmals ohnehin nur kaufmännisch-bilanziell, also gewissermaßen fiktiv einspeisen und deren Solarstrom tatsächlich im Gebäude oder Areal selbst verbraucht wird, für die Eigenversorgung noch nicht einmal technische Anpassungen oder die Verlegung von Leitungen notwendig.

Zwar soll eine Finanzierungsregel für sog. ausgeförderte Anlagen in der Novelle des EEG aufgenommen werden. Weil diese nach dem Regierungsentwurf jedoch nur einen Anspruch auf den Marktpreis gewährt, wäre diese keine echte Vermarktungsalternative zu PPAs oder zu einer Eigenversorgung.

Fazit: Stabiler Trend zu PPAs und Eigenversorgung

Die Gesamtschau zeigt: Der Trend hin zu PPAs und Eigenversorgung ist in der Praxis ungebrochen. Die für Strom aus Erneuerbaren Energien zu erzielende Vergütung bzw. auf der anderen Seite die Einsparung pro kWh im Direktbezug gegenüber dem Netzbezug steigen eher, als dass sie sinken.

Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass greenmatch die Eigenversorgung und PPAs nicht nur als Verwertungsalternativen in ihr Bewertungstool aufgenommen hat. Mittels der Möglichkeit zur Kombination räumt greenmatch dem Nutzer eine maximale Flexibilität ein und ermöglicht die freie Entscheidung, welchen prozentualen Anteil die jeweilige Verwertungsform abdecken soll.

Kleiner Tipp am Ende für die Eingabe der erforderlichen Parameter: Bei der Eigenversorgung sind im Grundfall – also ohne Verschonungstatbestände bei Netzentgelten und EEG-Umlage – für die „Vergütung“ die Gesamtkosten einer hypothetisch aus dem Netz bezogenen Kilowattstunde abzüglich der auf 40 % reduzierten EEG-Umlagen anzusetzen. Darüber lässt sich dann im Ergebnis ermitteln, ob die Eigenversorgung ein tragfähiges Modell darstellt.

Autor

Dr. Michael Stopper

Dr. Michael Stopper, Rechtsanwalt, Sterr-Kölln & Partner mbB,
ist Rechtsanwalt beim interdisziplinären Beratungsunternehmen Sterr-Kölln & Partner aus Freiburg. Dr. Stoppers Schwerpunkt findet sich im Energierecht, europäischen Wettbewerbsrecht und in der Kommunalwirtschaft. In seiner Tätigkeit behandelt er besonders energiewirtschaftliche Fragestellungen, insbesondere im Rahmen von Gewerbeparks, Quartierskonzepten und Nahwärmenetzen, regelmäßig verbunden mit förderrechtlichen Themen und der Einbindung erneuerbarer Energien und/oder von KWK-Anlagen, sowie Energieeffizienzmaßnahmen.

Autor:

Dr. Michael Stopper, Sterr-Kölln & Partner mbB

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