Digitalen Wandel gestalten – Chancen und Risiken für die deutsche Wirtschaft, Teil 3

Tags: Digitalisierung

Im zweiten Beitrag dieser dreiteiligen Serie haben wir uns mit mit der Frage, ob Amerika für uns ein Vorbild sein kann befasst. In diesem Beitrag erläutern wir, warum Deutschland seine Chancen hat und wie es sie nutzen sollte.

Warum Deutschland seine Chancen hat und wie es sie nutzen sollte

Neben einer guten digitalen Infrastruktur besitzt Deutschland einen anderen Vorteil – das Bildungssystem und seine Fördermöglichkeiten. In beides muß aber noch weiter aktiv investiert werden. Zusätzlich haben wir einen intakten Datenschutz, der in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnt, auch wenn die „Grenzziehung“ im digitalen, sprich globalen, Raum immer schwieriger werden wird.

Diese drei Fundamente können uns helfen, die kommenden Fragen nach der zukünftigen Ausgestaltung unserer Wirtschafts- und Sozialordnung zu lösen – denn Wirtschaft und Sozialsysteme können nur gemeinsam transformiert werden und beides bedarf einer ordnungspolitischen Begleitung.

Vor der Transformation stehen zuerst jedoch die Fragen nach den systemischen Herausforderungen wie auch nach der Möglichkeit durch digitale Modelle – oder zumindest durch deren Unterstützung – zukünftige Lösungspfade aufzuzeigen.

Was ist also zu tun ? Hierzu exemplarisch 2 Problemfelder und mögliche Lösungsansätze:

Problemfeld 1: Durch die demographische Entwicklung Deutschlands wird das Segment der „golden agers“ stark ansteigen. Diese haben zum großen Teil selbstgenutze Immobilien aber kein ausreichend laufendes (Renten-)Einkommen. Ein anderer Teil würde ggfls. sogar Immobilien erwerben, wird aber durch die neue Wohn­immo­bilien­kreditrichtlinie der EU daran gehindert, da die Bewertung der zukünftigen Einkommens­ströme mehr gewichtet wird, als die zur Besicherung zur Verfügung stehenden Vermögenswerte. Banken werden also aufgrund der bestehenden Regulatorik zukünftig die Kreditvergabe an „ältere Häuslebauer“ unabhängig von deren Sicherheiten deutlich reduzieren.

Problemfeld 2: Aufgrund der angespannten Budgetlage der Gemeinden und Kommunen wie auch des Staates, werden in Zukunft immer mehr Investitionen in Infrastruktur, aber auch in den Aufbau neuer Versorgungssysteme und Dienstleistungen mit Auswirkungen auf die „soziale Sphäre“ von der öffentlichen Finanzierung in den Privatsektor verlagert – „Social Impact Finance“ muss somit, um sich als wirkliches Marktsegment etablieren zu können, Marktkriterien und -strukturen standhalten können.

Beide Problemfelder haben eine Gemeinsamkeit, wenn man auf einem gewissen Abstraktionslevel die Restriktionen betrachtet, welche eine ausreichende Marktliquidität und Handelbarkeit von Vermögensgegenständen verhindern – aber auch, wie wir in einer beginnenden „sharing economy“ mit der Definition und dem Verständnis von Eigentum umgehen. Insbesondere sollte uns die Frage beschäftigen, ob „brick-investments“ nicht doch „agil“ strukturiert werden können.

Das Problem, dass es für beide Themen zu lösen gilt, liegt in der Erlangung von „Fungibilität“ und „Markttiefe“ in den relevanten Asset-Klassen.

Im Problemfeld 2 kann man über einen Strukturansatz, den ich schon in meinem Artikel „Alternative Debt – Ein Marktsegment mit Zukunft?“ beschrieben habe [1], zu einem effektiven Lösungsansatz kommen. Das in diesem Artikel beschriebene zertifizierte Bewertungsverfahren wird durch ein spezielles „Siegel“ von dritter Stelle ergänzt, welches die aktuell gültigen Kriterien auf das Investment verprobt und dem Investor neben der objektivierten Bewertung des Assets (d.h. seiner Zahlungsströme) eine für ihn relevante Entscheidungsdimension[2] so transparent macht, dass die Entscheidung per se für ihn objektivierbarer und in einem auch zeitlich optimierten Prozess getroffen werden kann.

Eine zentrale Wertbestimmung (zertifizierter Rechenkern mit gleichzeitig höchster Transparenz bzgl. der zugrundeliegenden Annahmen in einer strukturierten Form) in Form eines „digitalen Marktplatzes“ ist auch die Basis für Fungibilität, Markttiefe und eine schnelle, da standardisierte, Abwicklung ein weiteres Feld für die Kernfunktionalitäten von green[::]match.

Die Lösung des Problemfelds 1 kann vom Grundsatz auf den gleichen Prinzipien aufgebaut werden, allerdings muss man hier zwei Sub-Asset-Klassen unterscheiden, die (a) bestehende Struktur von (Wohn-) Immobilien und die (b) zukünftige „Nutzimmobilie für den privaten Eigentümer“.

Bzgl. der bestehenden Immobilienstruktur wage ich die These, dass diese sich sehr schnell und grundlegend verändern wird (nicht zur Gänze, aber in einem sehr wesentlichen und signifikanten Marktsegment), da die aktuellen Nutzungskonzepte den Bedürfnissen der kommenden Generation(en) nicht mehr entsprechen. Die (schon existierende) Generation der „digitalen Nomaden“ wollen keine regionale Bindung, auch wenn sie Eigentum an Wohnraum nicht ablehnen. Sie sind es gewohnt, auf viele Ressourcen gemeinschaftlich zuzugreifen („sharing economy“) und stellen Besitz und Eigentum auf eine Nutzenebene, d.h. in einer schon beobachtbaren Analogie sie wollen kein Auto im Eigentum, sondern die bedarfsgerechte Verfügbarkeit von Mobilität. Und sie wollen wieder direkte Kommunikationsmöglichkeiten in der Gemeinschaft, da sie nicht nur Güter teilen wollen, sondern auch Ideen und Überzeugungen.

Stellen Sie sich vor, dass im Rahmen ihrer Anlagestrategie ein Investment in eine „Standard-Immobilie“ fließen könnte, wobei Standard nicht die Größe, Lage oder Ausstattung meint, sondern den barrierefreien Zugang, die ökologische und energieeffiziente Bauweise sowie vorhandene Ressourcenzugänge zu Freizeitangeboten (vom Fitnessraum bis zur Verpflegung), medizinischer und altersgerechter Versorgung.

Solange sie nicht dort wohnen wollen, kann die Immobilie vermietet werden, bei Eigenbedarf haben Sie ein Grundinvestment, was ggfls. auch – je nach Lebenssituation – modular erweiterbar ist oder reduziert werden kann.

Damit entstehen „Generationenhäuser“, die nicht auf einem Generationenvertrag und familiärer Bindung basieren, aber Kommunikation und Mobilität als Grundgedanken beinhalten.

Um dieses Marktsegment zu strukturieren ist ebenfalls – wie im Problemfeld 2 – ein zentraler Bewertungsansatz in Kombination mit einem „Gütesiegel“ (welches die rubrizierten Kriterien prüft und bewertet) notwendig, wie beispielsweise ein digitaler Marktplatz, der die Fungibilität der Objekte sicherstellt – ergänzt um ein Investment-Sparplanmodell à la der deutschen Bausparkassen i.V.m. einem Betreibermodell, welches die lokalen Märkte und Dienstleistungen optimiert.

Das „Betreibermodell“ ist auch wesentlich für die Lösung der Besitz-/Eigentums-Denklogik, die man heute noch in jeder Eigentümerversammlung (eines Mehrparteienhauses) beobachten kann. Das Betreibermodell kann hier vertraglich als „Management-Schutzschild“ zwischen Eigentümern und Besitzern gesehen werden.

Um die bestehenden Immobilien „fungibler“ zu machen, bedarf es eines Ansatzes, der auf der „Umkehrhypothek“ basiert, wie es die Dresdner Bank schon vor Jahrzehnten vorgemacht hat, allerdings war der Markt wie die Gesellschaft damals noch nicht bereit hierfür[3] – heute müsste man diesen Ansatz rein privatwirtschaftlich außerhalb des Bankensektors – und damit außerhalb des Geltungsbereiches der neuen europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie – aufstellen.

Aber auch dieser Transfer könnte über die gleichen digitalen Modelle und Ideen unterstützt und dann logischerweise in die nächste Marktphase (Nutzimmobilie für den privaten Eigentümer) begleitet werden.

Warum ich auch hier wieder auf green[::]match referenzieren könnte / kann ?

Weil green[::]match das noch zu lösende Kernelement jedes zukünftigen Investitions-prozesses trifft und beheben kann, bei dem die Investition auf die folgenden Rahmenbedingungen / Kriterien trifft:

Die Rückführung des Investments basiert auf einer Cash-Flow Voraussage (Einspeisevergütungen, Mieteinnahmen, Verfügbarkeitszahlungen, etc.)

Die betrachteten Investments müssen nicht 100%ig identisch sein, aber der Prozess der Bewertung und des Eigentumsübergangs ist standardisierbar.

Das Bewertungsmodell ist zertifiziert und gibt alle Annahmen transparent an alle Marktteilnehmer – und verhindert so Informationsassymetrien.

Ergänzend – je nach Asset-Klasse – kann die Investitionsplattform (oder besser gesagt, der „digitale Marktplatz“) noch durch andere „Gütesiegel“ anderer Betrachtungs- und Investitionsdimensionen ergänzt werden, wenn sie den Kriterien an Transparenz und objektivierter Darstellungsweise ebenso entsprechen.

Wenn man diese Kriterien erfüllt, hat man die Grundlage eines „digitalen Marktmodells“ und damit den Kern für eine „Sharing Economy“.

Somit liefert green[::]match einen wesentlichen Ideen-Baustein für die Frage nach der Gesellschaft der Zukunft. Die nächsten Jahre werden uns nicht nur mit vielen Grundsatzfragen beschäftigen, sondern auch Lösungen fordern, die alte Probleme lösen helfen. Man könnte die nächsten Jahre „the age of consequence“ nennen, da wir mit vielen Ergebnissen der letzten Jahre unabänderlich konfrontiert werden – und der Ansatz von green[::]match kann hierzu ein Schlüssel am Bund sein, diese zukünftig lösbarer zu machen. Oder mit anderen Worten: Ich glaube an einige Aspekte der Analyse der „four horsemen“[4] – aber eben auch daran, dass wir noch viele Dinge ändern können, wenn wir unser Denken fokussieren.

Reaktionen, Kommentare und Anregungen zu diesem Artikel gerne unter zenke@strategy-and-finance.de.

<< Teil 2


[1] Siehe auch unter https://www.greenmatch.ch/de/blog/alternative-debt

[2] Solche Entscheidungsdimensionen – neben den ökonomischen Rahmenbedingungen – sind z.B. die Auswirkungen auf Ressourcen, Umwelt und das soziale Gefüge – d.h. der „Social Impact“ im weiteren Sinne.

[3] Die Kreditauszahlung erfolgte in Form einer Verrentung, allerdings auf einen Wert unterhalb des Beleihungswertes abgestellt. Der „Nichterfolg“ dieses Konzeptes lag in der den Abschlägen unterhalb des Beleihungswertes, der es für den Hausbesitzer unattraktiv machte und des nicht „flächenstrategisch“ durchdachten Angebots als Transformationshilfe vs eines reinen Finanzierungsangebotes.

[4] Four Horsemen ist ein 2012 veröffentlichter britischer Dokumentarfilm von Ross Ashcroft. Der Film kritisiert das System der fraktionalen Bankreserven, die auf Schulden aufbauenden Wirtschaftsidelogie und den politischen Einfluß von Banken, der als eine tiefgreifende Gefahr für die westliche Zivilisation ange­sehen wird. Als eine Alternative stellt der Film eine Rückkehr zur klassischen Volkswirtschafstlehre dar, die z. B. auf dem Goldstandard aufbaut.. Unter den Interviewten befinden sich Joseph Stiglitz, ehem. Cheföko­nom der Weltbank; Noam Chomsky, Professor für Sprachwissenschaften; John Perkins, Author von Con­fessions of an Economic Hit Man; Herman Daly, Professor für Ökonomie und ehem. Ökonom der World Bank.


Autor

Harald Zenke, Inhaber Strategy & Finance Advisory
Strategy & Finance Advisory ist eine inhabergeführte Beratungsgesellschaft, die sich als Entwickler sowie Umsetzungsbegleiter von Produkt- und Prozessinnovationen sowie neuartigen Geschäftsmodellen im Finanzdienstleistungssektor versteht. Harald Zenke verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung im Bereich der erneuerbaren Energien und Projektfinanzierung, u.a. als CEO der KfW IPEX-Bank und EVP Corporate Finance der LBBW. www.strategy-and-finance.de

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Harald Zenke

Inhaber Strategy & Finance Advisory

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