Ausschreibungsverfahren gemäss EEG 2017 – Das Gebot wird zum Problem

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Seit 2017 muss bei Auktionen ein wirtschaftlicher Preis geboten werden. Bei der Bestimmung der Parameter können viele Fehler gemacht werden, so Christian Schmidt von Sterr-Kölln & Partner mbB.

Für viele Akteure in der Windenergiebranche ist die Umstellung auf das Ausschreibungsverfahren die zentrale Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2017. Nun geraten durch den politisch gewollten Marktmechanismus und den damit einhergehenden Kostendruck eines Auktionsverfahrens alle beteiligten Akteure unter Zugzwang, denn die Vergütung als Dreh- und Angelpunkt der Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen einer ganzen Branche hängt nun von den Ergebnissen der Ausschreibung ab.

Berechnung des Einspeisetarifs (Feed-In-Tariff) mit greenmatch

Aufgrund der Umstellung auf das Ausschreibungsverfahren für die Förderung erneuerbarer Energieanlagen in Deutschland ab 2017, kann während der Planung nicht mehr von einer garantierten Einspeisevergütung ausgegangen werden. Der greenmatch Feed-in-Tariff Solver berechnet bei Ausschreibungsverfahren den Vergütungstarif, welchen Sie benötigen, um Ihre festgelegte Mindestrendite zu erreichen. Dies erspart Ihnen eine aufwändige manuelle Optimierung und ist somit das perfekte Werkzeug um mit Ihren Projekten an den Ausschreibungen teilzunehmen.

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Gebotspreisrechner für Gebote gemäss Referenzertragsmodell

Mit dem Gebotspreisrechner können Sie – mittels der durch den Feed-in-Tariff Solver berechneten Einspeisevergütung und dem Korrekturfaktor – den Gebotspreis für den Referenzstandort bestimmen.EEG-Gebotspreisrechner

 In Kooperation mit Sterr-Kölln & Partner mbB

Die zentrale Mindest-Herausforderung der Branche ist es nun, einen wirtschaftlichen Gebotspreis zu ermitteln. Die wesentlichen Einflussfaktoren eines Windprojektes sind und bleiben die Vergütung, der Anlagepreis und das Wartungspaket sowie die Höhe der Pachten. Daneben spielen die Kosten der Finanzierung eine nicht unbedeutende Rolle. Hinzu kommen verschiedene Parameter, die entweder projektspezifisch (wie Abschaltungen aufgrund von Artenschutz et cetera) oder gesetzlich bestimmt sind (beispielsweise Paragraph 51 EEG: Abschaltungen bei negativen Strompreisen). Vor allem letztgenannter Faktor befindet sich im Bereich hoher Unsicherheit, die Prognosen liegen weit auseinander und bieten kaum seriöse Anhaltspunkte.

Durch das Ausschreibungsverfahren wird nun – eine Ausnahme gilt für Bürgerenergiegesellschaften – eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) verlangt, die drei Wochen vor dem Gebotstermin erteilt worden sein muss. Das bedeutet, dass für Projektentwicklung und Genehmigungsverfahren hohe Kosten anfallen, bevor überhaupt klar ist, ob das Projekt einen Zuschlag erhält – und zu welchem Preis.

Das Bieterverfahren kann irrational sein

Es gilt eine maximale Vergütungshöhe von 7 Ct/kWh für Windenergieanlagen an Land im Jahr 2017 für einen Referenzstandort. Die Standortgüte wird dabei mittels eines Korrekturfaktors berücksichtigt, zum Beispiel wird für einen 70-%-Standort eine Vergütung von 129% bezahlt. Dies bedeutet eine maximale Vergütung von 9,03 Ct/kWh.

Um einen wirtschaftlichen Gebotspreis zu ermitteln, müssen die Beteiligten nun in einem frühen Stadium eine erste grobe Wirtschaftlichkeitsberechnung erstellen. In dieser muss eine wahrscheinliche Vergütung angenommen werden – dies stellt die erste Hürde dar: Es kann nicht von einem rationalen und damit vorhersagbaren Bieterverhalten ausgegangen werden. Weiterhin gibt es aufgrund der speziellen Regularien keine seriösen Vergleichsmöglichkeiten mit einem ähnlichen Konstrukt.

Die Empirie der PV-Ausschreibungen mag trotz unterschiedlicher Verfahren hierbei einen Hinweis geben – und zugleich Warnung sein: Seit der ersten PV-Auktion im April 2015 fielen die bezuschlagten Durchschnittsgebote in Bezug auf den zulässigen Höchstwert von 81% auf 62% im Dezember 2016, bevor nach Inkrafttreten des EEG 2017 dieses Verhältnis wieder auf 74% anstieg. Dabei ging die absolute durchschnittliche Förderhöhe in diesem Bereich von 9,17 Ct./kWh in der ersten Ausschreibung auf 6,58 Ct./kWh im Februar 2017 kontinuierlich zurück.

Für die Onshore-Windbranche würde schon ein Verhältnis von 80% des Maximalpreises eine immense Herausforderung darstellen, denn dies wären 5,6 Ct./kWh. Hinzu kommt, dass sich der Höchstwert des Folgejahres aus dem um 8% erhöhten Durchschnitt des jeweils höchsten noch bezuschlagten Gebots der letzten drei Gebotstermine bestimmt. Werden also von allen Teilnehmern strategisch niedrige Preise geboten, reduziert sich der Höchstsatz.

Zu hohe Pachten sollten nachverhandelt werden

Hat also der Projektentwickler einen Preis angenommen und in Relation zur Standortgüte gesetzt, kann er die Erlöse errechnen. Auf dieser Basis wird er nach Vorlage der Gutachten (Wind, Schall, Schatten und anderes) die entsprechenden Abschläge als Puffer sowie alle weiteren Kostenpositionen einplanen. Auf dieser Grundlage ermittelt der Projektentwickler nun unter Berücksichtigung der Renditeerwartungen seinen wirtschaftlich notwendigen Mindestpreis.

Deutlich wirkt sich auch die Verkürzung des Vergütungszeitraums aus: Von 20 Jahren plus Jahr der Inbetriebnahme nach alter Regelung hin zu 20 Jahren nach EEG 2017. Bei der Wahl der Übergangsregelung mit Inbetriebnahme im März 2018 wäre eine Vergütung von 7,98 Ct./kWh zu erzielen. Um mit der Auktion unter sonst gleichen Bedingungen gleichgestellt zu sein, müsste eine um 0,23 Ct./kWh höhere Vergütung erreicht werden. Dies entspräche einem Verhältnis von bezuschlagter Vergütung zum Maximalsatz von über 90% – dies wurde bei den PV-Auktionen nie erreicht.

«Die Herausforderung ist es nun, einen wirtschaftlichen Gebotspreis zu ermitteln»

Ein weitere Punkt: Die Pachtverträge eines Projektes werden häufig mehrere Jahre vor dessen Beginn geschlossen. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses kann die Vergütung bei Realisierung des Projektes allenfalls geschätzt werden. Sollten in einem konkreten Vorhaben unrealistisch hohe Pachten vereinbart worden sein, hilft nur, diese mit viel Fingerspitzengefühl neu zu verhandeln. Helfen können hier dynamische Pachtmodelle, die eine Anpassung an die jeweils geltende Vergütungsregelung enthalten.

Wichtig sind auch die Wartungskosten

Anders beim Anlagenpreis: Die Kostendegression ist Ausdruck der Entwicklung in der Branche und wird politisch unterstellt. Konnten die Hersteller in der Vergangenheit den Anlagenpreis mit dem Wartungspaket bis zu einem gewissen Grad ausgleichen, hängen nun sowohl der Anlagenpreis als auch der Wartungsvertrag vom erzielbaren Ausschreibungsergebnis ab – und dieses steht erst fest, nachdem eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) auf Basis eines Windenergieanlage-Typs erteilt wurde. Es empfiehlt sich daher, möglichst früh in die Diskussion um die Wartungskosten einzusteigen und eine grundsätzliche Vergütungsmechanik ebenfalls möglichst früh und verbindlich für das jeweilige Projekt zu vereinbaren.

Bei der Finanzierung liegt die Herausforderung aktuell in der Phase der Projektentwicklung: Die Vorfinanzierung erhöht sich bei gleichzeitiger Ausweitung der Kapitalbindung und des Risikos. Während die meisten Kreditinstitute keine Probleme in der Stellung der Sicherheiten und Bürgschaften im Rahmen der Ausschreibungen sehen, werden Modelle diskutiert, wie mit der Bewertung des Gütefaktors in Bezug auf den Standortertrag im Fünf-Jahres-Rhythmus mit der einhergehenden Rückforderung beziehungsweise Nacherstattung der Vergütung umgegangen werden kann. Dies erfordert vor allem dann eine sorgfältige Regelung, wenn durch alternative Finanzierungsmodelle (wie Bürgerbeteiligungen) Mehrertragsbeteiligungen ausgeschüttet werden sollen, die unter Umständen nach der Bewertung nach fünf Jahren wieder zurückzuerstatten sind.

Um als Projektentwickler weiterhin erfolgreich am Markt zu bleiben und wirtschaftliche Gebotspreise bieten zu können, müssen neben der gesamten und dynamischen Betrachtung der beschriebenen Wirkungen aller Projektparameter ausserdem die internen Prozesse so effizient wie möglich ausgestaltet und die Finanzierung muss zu einem möglichst frühen Zeitpunkt gesichert werden. Schlussendlich muss dann auch noch die Gebotsabgabe fehlerfrei bei der Bundesnetzagentur erfolgen. Der Vergleich mit der ersten PV-Auktion zeigt eine Ausschlussquote von Geboten über alle Ursachen hinweg von 22%.

Während es den grossen Akteuren im Markt leichter fallen dürfte, all diese Entwicklungen im Auge zu behalten und für sich nutzen zu können, wird dies für kleinere Akteuere deutlich schwieriger werden.

Für manch einen mag es daher sinnvoll sein, sich mit einem starken und erfahrenen Partner zusammenzutun, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern.

Dieser Artikel ist auch in Energie & Management erschienen (März 2017)


Autor

christian schmidt

Christian Schmidt, Unternehmensberater, Sterr-Kölln & Partner mbB, Freiburg

www.sterr-koelln.com

Autor:

Christian Schmidt

Sterr-Kölln & Partner mbB

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